Alles begann in den Morgenstunden des 4. Dezembers 1989. Rathenower Bürger belagerten die Kreisdienststelle des Ministeriums für Staatssicherheit. Die mutigen Bürger wollten die Vernichtung der Stasi-Akten verhindern. Sie forderten die Auflösung der Staatssicherheit. In Erfurt zeigte sich nahezu zur gleichen Zeit dasselbe Bild. Am Abend folgten dann unter anderem auch Leipzig, Rostock und Suhl. Nach der Besetzung der Dienststellen gründeten sich Bürgerkomitees, die die Auflösung der Stasi einleiteten. Die Zentrale in Berlin-Lichtenberg arbeitete aber, wenn auch seit dem 17. November 1989 unter anderen Namen „Amt für nationale Sicherheit“, nach wie vor weiter. Es kam zu landesweiten Protesten. Die Bürgerkomitees, die die Bezirksverwaltungen der Stasi besetzt hielten, beschlossen, in Berlin einzugreifen und forderten am Morgen des 15. Januars 1990 vor laufenden Kameras vor dem Runden Tisch, die unhaltbare Situation zu beenden. In der Folge wurde zu einer Protestdemonstration vor der Stasi-Zentrale in der Normannenstraße in Berlin-Lichtenberg aufgerufen. Dem Aufruf folgten 100.000 Bürger und Bürgerinnen. Die Volkspolizei riegelte das Gelände zwar ab, als jedoch am späten Nachmittag die ersten Demonstranten über die Tore sprangen, lies die Volkspolizei sie gewähren. Nun war kein Halten mehr, es kam zum Sturm. Möbel und Akten flogen aus den Fenstern, unter den Menschen blieb es aber gewaltfrei.

Dieter Dombrowski, Bundesvorsitzender der Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft (UOKG):

„Es gehörte großer Mut dazu am 15. Januar 1990 an den Pfeilern der Diktatur zu rütteln und sich friedlich Zugang zum Zentrum der Macht zu verschaffen. Diese Entschlossenheit für Demokratie und Respekt einzutreten ist heute genauso wichtig wie vor dreißig Jahren.“

„Ergebnis harter Überzeugungsarbeit“

Am heutigen Freitag, dem 13. Dezember, hat der Deutsche Bundestag beschlossen, ein Mahnmal für die Opfer der kommunistischen Gewaltherrschaft zu errichten (Drs. 19/15778). Mit dem Gedenkort soll der Opfer von kommunistischer Gewaltherrschaft in Deutschland in angemessener Form ehrend gedacht, die Erinnerung an das von der kommunistischen Diktatur begangene Unrecht wachgehalten und zukünftigen Generationen die Gefahren und Folgen totalitärer und diktatorischer Systeme bewusst gemacht werden, um die Wertschätzung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit weiter zu schärfen, diese Werte ins Bewusstsein zu rücken und den antitotalitären Konsens zu stärken.

Die Bundesregierung ist aufgefordert, im 1. Quartal 2020 ein Konzept für ein Mahnmal zur Erinnerung an die Opfer kommunistischer Gewaltherrschaft vorzulegen und den Prozess im Austausch mit den Opferverbänden und anderen Institutionen, die sich mit der Aufarbeitung der kommunistischen Diktatur beschäftigen, transparent und öffentlich zu gestalten. Der Deutsche Bundestag hat für eine Machbarkeitsstudie bereits 250.000 Euro im Bundeshaushalt 2020 bereitgestellt.

Dieter Dombrowski, Bundesvorsitzender der Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft (UOKG):

„Seit über zehn Jahren setzt sich die UOKG mit ihrer Mahnmalinitiative intensiv für die Errichtung eines Mahnmals für die Opfer kommunistischer Gewaltherrschaft ein. Dass der Deutsche Bundestag nun einen Errichtungsbeschluss gefasst hat, ist das Ergebnis harter Überzeugungsarbeit und der Umstand, dass an den entscheidenden Stellen die richtigen Personen sitzen. Nahezu alle Länder im Osten Europas, Russland inbegriffen, haben zentrale Mahnmale für die Opfer der kommunistischen Gewaltherrschaft. Es ist höchste Zeit, dass Deutschland an diese Opfer gebührend erinnert.“

Am 29. November 2019 ist das Gesetz zur Verbesserung rehabilitierungsrechtlicher Vorschriften für Opfer der politischen Verfolgung in der ehemaligen DDR und zur Änderung des Adoptionsvermittlungsgesetzes in Kraft getreten. Wir informieren in Kurzform über die Veränderungen. In unserer Zeitschrift „der stacheldraht“ erscheint in der Ausgabe 9/2019 eine ausführliche Darstellung.

Das Gesetz finden Sie hier zum Download.

In Kürze zusammengefasst sind die wichtigsten Veränderungen folgende:

Strafrechtliches Rehabilitierungsgesetz

  • Die Antragsfrist bis zum 31.12.2019 wurde gestrichen. Somit unterliegen Anträge fortan keiner Frist mehr.
  • Bei Betroffenen, die in Spezialheimen oder vergleichbaren Einrichtungen waren, wird vermutet, dass die Anordnung der Unterbringung der politischen Verfolgung oder sonst sachfremden Zwecken diente.
  • Diese Vermutung gilt auch für Betroffene, die in ein Heim für Kinder oder Jugendliche eingewiesen wurden, wenn gleichzeitig deren Eltern inhaftiert waren und dafür rehabilitiert wurden.
  • Die sog. Opferrente wurde von 300,- Euro auf 330,- Euro erhöht. Die Höhe wird alle fünf Jahre überprüft.
  • Bisher war eine Freiheitsentziehung von mindestens 180 Tagen eine Voraussetzung für die „Opferrente“. Nunmehr sind mindestens 90 Tage ausreichend.
  • Betroffene, die in einem Heim waren, weil ihre Eltern in Haft waren, haben Anspruch auf Unterstützungsleistungen, sofern die Eltern wegen der Haft rehabilitiert wurden und der Betroffene bereits einen Rehabilitierungsantrag gestellt hat, dieser jedoch rechtskräftig abgelehnt wurde.

Verwaltungsrechtliches Rehabilitierungsgesetz

  • Betroffene von Zersetzungsmaßnahmen bekommen nun auf Antrag eine Einmalzahlung in Höhe von 1.500 Euro, sofern die Zersetzungsmaßnahmen als rechtsstaatswidrig festgestellt wurden und aufgrund desselben Sachverhalts keine Ausgleichszahlungen gewährt wurden oder zukünftig gewährt werden.
  • Anträge unterliegen nunmehr keiner Frist.

Berufliches Rehabilitierungsgesetz

  • Ausgleichszahlungen wurden von 214,- Euro auf 240,- Euro, bzw. von 153,- Euro auf 180 Euro erhöht. Die Höhe wird im Abstand von fünf Jahren überprüft.
  • Diese Ausgleichszahlungen stehen grundsätzlich auch verfolgten Schülern zu, wenn die Verfolgung über drei Jahre andauerte.
  • Auch hier wurde die Antragsfrist aufgehoben.

Bundeszentralregistergesetz

  • Eintragungen aus dem ehemaligen Strafregister der DDR dürfen weiterhin für Zwecke der Rehabilitierung an die zuständigen Stellen übermittelt werden.

Adoptionsvermittungsgesetz

  • Die datenschutzrechtlichen Voraussetzungen für ein Forschungsprojekt „Zwangsadoptionen in der DDR“ wurden geschaffen.

Die CDU/CSU-Fraktion teilte am Freitag, dem 14. November 2019 mit, dass der Bundestag mehr Mittel für die Erinnerungspolitik bewilligt hat. Das Geld stammt aus der sogenannten Haushaltsbereinigung, bei der der Haushalt abschließend beraten wird. In der Pressemeldung heißt es,

  • jeweils 250.000 Euro werden für eine Machbarkeitsstudie für ein Mahnmal für die Opfer des Kommunismus und für ein Zentrum für Oppositions- und Widerstandsgeschichte,
  • zur „Stabilisierung wichtiger dezentraler Projektarbeit“ der Stiftung Aufarbeitung der SED-Diktatur 1 Million Euro,
  • zur Unterstützung des Zeitzeugenbüros 200.000 Euro,
  • und für die Finanzierung der UOKG-Zeitschrift „der stacheldraht“ 95.000 Euro

zur Verfügung gestellt.

Den vollen Wortlaut der Pressemitteilung der CDU/CSU-Fraktion finden Sie hier (externer Link).

 

UOKG zu 30 Jahre Mauerfall

„Alle Deutschen können stolz sein“

 

Am 9. November jährt sich der Fall der Mauer zum 30. Mal. Der Mauerfall führte nicht nur zum Zusammenbruch der SED-Diktatur, sondern auch zur Wiedervereinigung Deutschlands. Das Thema ist in der Öffentlichkeit allgegenwärtig. Im Fernsehen laufen auf nahezu allen Programmen Reportagen. In der ganzen Republik und insbesondere in Berlin finden eine Vielzahl von Veranstaltungen und Feierlichkeiten statt.

Dieter Dombrowski, Bundesvorsitzender der Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft (UOKG):

„Am 9. November vor 30 Jahren geschah das, was die meisten Menschen im geteilten Deutschland nicht mehr erwartet hatten. Die Mauer fiel und damit zerbrach durch den Willen der Bürgerinnen und Bürger auch die SED-Diktatur. Neben der großen Freude in allen Teilen unseres Landes ist es auch wichtig all denen zu danken, die im Herbst 1989 besonnen gehandelt haben. Dies sind hunderttausende von Bürgern, die unter dem Motto „Keine Gewalt“ ihre berechtigten Forderungen nach Freiheit bekundeten. Alle Deutschen können stolz sein auf eine friedliche Revolution, die auch Vorbild für andere geteilte Völker sein kann.“

UOKG-Kongress

„Frauen in politischer Haft“

Gedenkstätte Berliner Mauer

  1. Dezember 2019

Flyer als PDF

Am Samstag, 7. Dezember 2019, lädt die UOKG zum Kongress „Frauen in politischer Haft“ ein.

Frauen in politischer Haft des SED-Regimes sind bisher kein eigenständiges Thema der historischen Darstellung gewesen. Unter den Strafvollzugsanstalten ist Hoheneck am bekanntesten geworden. Andere sind fast vollständig in Vergessenheit geraten. Stimmen aus anderen Haftanstalten mit ihren spezifischen Erfahrungen sollen auf dem Kongress zur Sprache gebracht werden. Um ihre Berichte gebeten werden weibliche Häftlinge u.a. aus dem Roten Ochsen, Hohenleuben, dem Haftarbeitslager Dessau-Wolfen und der Außenstelle Markkleeberg. Sie sollen anlässlich des 30-jährigen Jubiläums des Mauerfalls besonders gewürdigt werden.

 

Programmablauf

 

11:00 Uhr:

Begrüßung durch Bettina Effner, Stiftung Berliner Mauer, Leiterin der Erinnerungsstätte Notaufnahmelager Marienfelde, und Dieter Dombrowski, Bundesvorsitzender der UOKG

 

11:15 Uhr:

Einführungsvortrag „Lager, Zuchthaus, Gefängnis, Kommandos – Haftstätten für Frauen in der SBZ/DDR“, Dr. Christian Sachse, wissenschaftlicher Mitarbeiter der UOKG

 

11:45 Uhr:

Panel 1: „Hafterfahrungen von Frauen – Zeitzeuginnen berichten“

Marion Käding über den Roten Ochsen in Halle und Dessau/Wolfen

Sigrid Grünewald über Bautzen II

Annerose Höfer-Kerbel über Hohenleuben

Moderation: Isabell Fannrich-Lautenschläger, Journalistin

 

12:15 Uhr:

Diskussionsmöglichkeit

 

12:30 Uhr:

Die „vergessene Haftanstalt“ Berlin-Grünau, Sandra Czech, Historikerin

 

13:00 Uhr:

Kaffee- und Imbisspause

 

14:00 Uhr:

Zeitzeugenbericht „Von Gefängnissen und Bürgerrechten“, Freya Klier, Autorin und Regisseurin

 

14:30 Uhr:

Diskussionsmöglichkeit

 

14:45 Uhr:

Panel 2: „Hafterfahrungen von Frauen – Zeitzeuginnen berichten“

Carla Ottmann über Hoheneck und die UHA Berlin-Pankow

Rosemarie Rothgänger über Markkleeberg

Dr. Renate Werwigk-Schneider über UHA Frankfurt (Oder)

Moderation: Isabell Fannrich-Lautenschläger, Journalistin

 

15:30 Uhr:

Kaffeepause

 

16:00 Uhr:

„Widerstand von Frauen in der SBZ und frühen DDR“, Ausschnitte aus der gleichnamigen Filmdokumentation von Alexandra Pohlmeier, in Anwesenheit der Filmemacherin und der Zeitzeugin Margot Jann

 

17:00 Uhr:

Diskussionsmöglichkeit

 

17:15 Uhr:

„Interessenvertretung weiblicher politischer Häftlinge – künftige Aufgaben und Chancen“,

Konstanze Helber, Vorsitzende des Forums für politisch verfolgte und inhaftierte Frauen der SBZ/SED Diktatur e.V.

 

17.30 Uhr:

Diskussionsmöglichkeit

 

17:45 Uhr:

Abschluss

 

Veranstaltungsort:   Besucherzentrum der Gedenkstätte Berliner Mauer, Bernauer Str. 119, 13355 Berlin

Veranstalter:           Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft e.V. (UOKG) in Kooperation mit der Stiftung Berliner Mauer

 

Die Veranstaltung wird gefördert mit Mitteln der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur