Im Rahmen des Projektes „Die letzte Adresse“ wurde am Gebäude der Polizeistation in Parey am 24. Januar 2023 die fünfte Erinnerungstafel in Deutschland angebracht. Mit dieser Tafel wird an den in Parey geborenen und in Moskau erschossenen Polizisten Horst Avemann erinnert.

Die Memorial-Stiftung erinnert mit dem Projekt „Die letzte Adresse“ seit 2014 an Menschen, die den stalinistischen Säuberungen zum Opfer gefallen waren. In Russland gibt es mittlerweile über 1.000 solcher Tafeln. Die Stiftung wurde zwar in Russland inzwischen verboten, das Projekt wird jedoch in der Ukraine, der Republik Moldau, in Tschechien, Georgien und Deutschland fortgesetzt. In Sachsen-Anhalt war es die zweite Erinnerungstafel, im gesamten Bundesgebiet gibt es nun fünf.

Bei der Enthüllung der Erinnerungstafel in der Ernst-Thälmann-Straße in Parey war neben Dr. Anke Giesen von Memorial Deutschland und der Landesbeauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur Birgit Neumann-Becker auch Dieter Dombrowski anwesend. Der Bundesvorsitzende der UOKG erinnerte in einer Gedenkrede an den Pareyer Polizisten Horst Avemann, der im März 1950 verhaftet, wegen angeblicher Spionage verurteilt, nach Moskau verschleppt und erschossen wurde.

Kurzbiografie von Horst Avemann:

Polizist; geb. 9. 2. 1924 in Parey/Elbe/Prov. Sachsen; zuletzt wohnhaft Am Deich 2, Parey/Elbe/Sachsen-Anhalt
Hingerichtet am 12. 9. 1950 in Moskau

Avemann stammte aus einer Arbeiterfamilie und hatte drei Kinder. Der gelernte Maschinenschlosser diente von 1941 bis zum Kriegsende in der Wehrmacht an der Ostfront. Nach dem Krieg arbeitete er als Handelsvertreter. Zuletzt war er beim VP-Kreispolizeiamt in Genthin tätig. Avemann wurde kurz nach seiner Entlassung aus der VP am 12. 3. 1950 in seiner Wohnung in Parey verhaftet. Das SMT Nr. 48240 verurteilte Avemann am 3. 7. 1950 wegen Spionage für den britischen Geheimdienst zum Tode durch Erschießen. Das Präsidium des Obersten Sowjets lehnte sein Gnadengesuch am 8. 9. 1950 ab. Das Todesurteil wurde am 12. 9. 1950 in Moskau vollstreckt. Die GWP rehabilitierte ihn am 10. 10. 2001.

Die Universität Leipzig und die Medical School Berlin suchen für eine Studie Menschen, die in der SBZ / DDR in der Zeit von 1945 bis 1989 zwangsadoptiert wurden und leibliche Eltern, deren Kinder in diesem Zeitraum in der SBZ / DDR zwangsadoptiert wurden.

Die Studie soll die persönlichen Umstände und die Verarbeitungsprozesse von Zwangsadoptionen untersuchen. Dafür möchten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Lebensgeschichten von Betroffenen ansehen und rekonstruieren:

„Einerseits interessiert uns dabei, welche Bedeutung das Erlebte für die jeweiligen Biografien hatte und andererseits wollen wir besser verstehen, wie die Abläufe und Strukturen im Kontext von Zwangsadoptionen gestaltet waren. Hierfür möchten wir Betroffeneninterviews führen. Diese Interviews dauern 1 bis 3 Stunden. Die Daten werden vertraulich behandelt, anonymisiert ausgewertet und nur für wissenschaftliche Zwecke genutzt. Die Forschungsergebnisse sollen in anonymisierter Form der breiten Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden.“

Die Studie ist Teil des Forschungsverbundes „Zwangsadoptionen in der DDR/SBZ in der Zeit zwischen 1945 und 1989“ in Zusammenarbeit mit der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz und dem Deutschen Institut für Heimerziehungsforschung Berlin und wird vom Bundesministerium des Inneren und für Heimat gefördert.

Website des Verbundprojektes: Zwangsadoption in der DDR – Deutsches Institut für Heimerziehungsforschung (dih-berlin.de)

Website Teilprojekt der Universität Leipzig:
Aufarbeitung von Zwangsadoptionen in der DDR/ SBZ in der Zeit von 1945-1989 ​(Teilprojekt der Universität Leipzig)​

Website Teilprojekt der Medical School Berlin:
Aufarbeitung von DDR-Zwangsadoptionen | MSB (medicalschool-berlin.de)

Instagram: https://www.instagram.com/zwangsadoption_ddr_forschung/

Facebook: https://www.facebook.com/people/Zwangsadoption-DDR-Forschungsverbund/100087413388074/

Twitter: https://twitter.com/DDRAdoption

Mit großer Trauer hat die Union der Opferverbände kommunistischer Gewaltherrschaft die Nachricht erhalten, dass der Begründer der Initiativgruppe Lager Mühlberg Eberhard Hoffmann am 7. Januar 2023 verstorben ist.

Eberhard Hoffmann wurde am 19. Januar 1928 in Burgstädt bei Chemnitz geboren. Noch in den letzten Kriegstagen musste er sich als 17-Jähriger der Wehrmacht anschließen, doch seine Einheit ergab sich rasch den US-Truppen. Aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft kehrte er im Juni 1945 in die nunmehr sowjetische Besatzungszone zurück. Doch im Oktober 1945 wurde er plötzlich in der Nacht verhaftet. Er stand im Verdacht, der nationalsozialistischen Werwolf-Organisation anzugehören. Mit Tausenden anderen wurde er in das Sowjetische Speziallager Mühlberg gebracht. In einem Zeitzeugeninterview der LAkD beschrieb er seine Verhaftung und die anschließenden Verhöre: „Ich wusste zuerst noch nicht, dass es – einmal verhaftet – kein Entkommen mehr gab. Es gab keine Möglichkeit der Entlastung. Die haben uns ja so lange geprügelt, bis man das Protokoll unterschrieben hat.“ Nach zwei Wochen brutaler Verhöre unterschrieb Eberhard Hoffmann das Protokoll, dessen Inhalt er nicht lesen konnte und wird ohne Prozess ins Speziallager Mühlberg verbracht. Nach der Auflösung des Lagers 1948 kommt er in das Speziallager Buchenwald und wird 1950 entlassen. Eberhard Hoffmann entschied sich in der DDR zu bleiben und hielt dort engen Kontakt zu seinen ehemaligen Haftkameraden. 1991 gründet er mit Leidensgenossen die Initiativgruppe Lager Mühlberg und engagiert sich über viele Jahre lang in deren Vorstand. Die Errichtung der Gedenkstätte Lager Mühlberg für die Opfer des deutschen Kriegsgefangenenlagers Stalag IV B und des sowjetischen NKWD-Speziallagers Nr. 1 geht wesentlich auf seine Initiative zurück. Für seinen unermüdlichen Einsatz für die Aufarbeitung der Geschichte des Lagerstandortes erhielt er 2006 das Bundesverdienstkreuz. Das Andenken an Eberhard Hoffmann wird weiterleben durch sein Engagement für die Erinnerung an die Opfer der nationalsozialistischen und kommunistischen Diktatur.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat am 10. Januar 2023 zum Neujahrsempfang ins Schloss Bellevue eingeladen. Gemeinsam mit Elke Büdenbender begrüßte er rund 70 Bürgerinnen und Bürger aus allen Bundesländern, die sich um das Gemeinwohl besonders verdient gemacht haben. Auch der Bundesvorsitzende der UOKG Dieter Dombrowski war eingeladen, neben anderen Repräsentanten des öffentlichen Lebens aus Politik, Wirtschaft, Gewerkschaften, Kultur und Zivilgesellschaft.

(Quelle: @Bildschön GmbH)

Im Rahmen des UOKG-Verbändetreffens wurden die Mitglieder zunächst in einem öffentlichen Teil vom scheidenden Berliner Beauftragten für die Aufarbeitung der SED-Diktatur Tom Sello begrüßt. Danach folgte ein Filmbeitrag „Als die Hoffnung aufkam“ der Gedenk- und Bildungsstätte Andreasstraße aus Erfurt durch Lorenz Pagés. Der Film ist für Bildungseinrichtungen konzipiert. Im Anschluss stellte sich die neue Leiterin des Menschenrechtszentrums Cottbus Frau Heide Schinowsky vor. Eingebettet war die Vorstellung in eine Präsentation gemeinsam mit dem Bundesvorsitzenden zum Thema Hilfstransporte des Menschenrechtszentrums in die Ukraine. Nach einer kurzen Pause stellte die UOKG die Eigenproduktion „Mitkommen! Frauen berichten über Repression in Heimen und politischer Haft.“ von Dr. Christian Sachse und Christoph-Lucas Hütter vor. Der Film ist auf YouTube unter UOKGNews abrufbar. In der anschließenden ordentlichen Mitgliederversammlung folgte ein Tätigkeitsbericht des Bundesvorsitzenden und der Finanzbericht unseres Schatzmeisters. Im Anschluss hatten die Mitgliedsverbände die Gelegenheit über ihre ehrenamtliche Arbeit zu berichten. Am 2. Tag des Verbändetreffens stellte Manfred May aus dem Beirat des Thüringer Archivs für Zeitgeschichte „Matthias Domaschk“ das Projekt Thüringer Orte der Repression, Opposition und Zivilcourage in der DDR vor. Besondern eindrücklich war hierbei, der Film zum DENKOrt Schmiedefeld dem ehemaligen Durchgangsheim der DDR- Jugendhilfe im Bezirk Suhl.

Bilder: UOKG

(Abrufbar unter: https://www.youtube.com/watch?v=0c1mhOZtG_0)

Heute am 9. November, am Tag des Mauerfalls, ist Werner Schulz im Alter von 72 Jahren gestorben. Er war ein Volksvertreter, der über die Grenzen seiner Partei, aber auch seines Landes hinausgedacht und gehandelt hat. Dies begann mit seinem Mandat für die erste freigewählte Volkskammer, führte über seine Tätigkeit als Abgeordneter des Deutschen Bundestages und endete auch nicht mit seinem Mandat für das Europäische Parlament. Im Zentrum seines Lebens stand sein Einsatz für Demokratie und Mitbestimmung. Er stritt als Mitglied der Arbeits- und Expertengruppe des Runden Tisches „Neue Verfassung“ 1990 für eine Erweiterung der Menschen- und Bürgerrechte noch in der untergehenden DDR. Er tat dies, weil er an das Vermächtnis der Friedlichen Revolution von 1989/90 glaubte, ihr aktives Wirken in eine demokratische Zukunft hinein. In seiner Rede am 9. Oktober 2009 beim Festakt zur Friedliche Revolution im Leipziger Gewandhaus führte er aus: „Nein, die kommunistischen Staaten Osteuropas sind nicht zusammengebrochen oder implodiert. Gesellschaften brechen nicht einfach zusammen. Das zeigen China, Nordkorea oder Kuba. Und Revolutionen vollziehen sich nicht im Selbstlauf. Sie ereignen sich dann, wenn die oben nicht mehr können und die unten nicht mehr wollen. Wenn Menschen den Mut fassen, etwas zu tun und zu wagen, wozu sie lange nicht bereit waren.“ Und schon 2009 warnte er vor der Hochschätzung eines ehemaligen KGB-Offiziers, „der als Präsident und Ministerpräsident für schwere Menschenrechtsverletzungen in Russland mitverantwortlich ist. […] Gerade der Freistaat Sachsen sollte wahrlich einer anderen Tradition verpflichtet sein.“

Die UOKG ist Werner Schulz zu besonderem Dank verpflichtet. Er setzte sich bereits früh (1992) und später als Beirats-Mitglied der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur über mehrere Amtsperioden hinweg für eine finanziell und inhaltlich abgesicherte Aufarbeitung durch die Bürger, für eine „Förderung außerparlamentarischer Ansätze zur Aufarbeitung“ ein. Die vielfältige Aufarbeitungslandschaft, die heute die fünf östlichen Bundesländer prägt, ist zu großen Teilen auf diese frühe Weichenstellung zurückzuführen. Genauso forderte er, die in einer Reihe von ostdeutschen Arbeitsämtern entstehenden Seilschaften zu entfernen, die begonnen hatten, ihre eigene Gefolgschaft zu bevorzugen. Er scheute sich auch als stellvertretender Vorsitzender des Beirates nicht, die Stiftung Aufarbeitung hart zu kritisieren, wenn sie sich von ihrem gesetzlichen Auftrag zu sehr entfernte, „die Erinnerung an das geschehene Unrecht und die Opfer wachzuhalten sowie den antitotalitären Konsens in der Gesellschaft, die Demokratie und die innere Einheit Deutschlands zu fördern und zu festigen“. Ebenso harsch sprach Werner Schulz die klaren Worte Richtung Russland aus: „Wir dürfen uns von der Atomdrohung nicht einschüchtern lassen.“

Wir trauern um einen ehrlichen, aufrichtigen – im wahrsten Sinne des Wortes – streitbaren Demokraten, der das in der Friedlichen Revolution Erlernte bis zu seinem Tod bewahrt hat.

Dieter Dombrowski

Bundesvorsitzender der UOKG

Foto: CC-BY-SA Stephan Röhl / www.boell.de