Der jahrelange Streit um die Benennung einer Straße in einem Neubaugebiet in Oranienburg nach Gisela Gneist geht in die nächste Runde. In der Stadtverordnetenversammlung ist gestern ein neuer Beschlussvorschlag gescheitert. Ein Kompromissvorschlag von den Fraktionen SPD, CDU, FDP und Freie Wähler/Piraten, der eine Umbenennung der Straße und die Benennung einer Straße in einem anderen Wohngebiet nach Gneist vorsah, wurde gestern in der Sitzung zurückgezogen. Die im Jahr 2020 erfolgte Benennung der Straße nach Gneist, die von 1946 bis 1959 im sowjetischen Speziallager Nr. 7 Sachsenhausen inhaftiert war, hat nun weiterhin Bestand.

Zu Beginn der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung hatte der Vorsitzende der Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft, Dieter Dombrowski, an die Stadtverordneten appelliert, bei Beurteilungen von Personen im Nachhinein stets das gesamte Leben zu betrachten. Dombrowski verwies darauf, dass Gneist in den 1990er Jahren von der russischen Militärstaatsanwaltschaft rehabilitiert worden sei.

Wir veröffentlichen hier einen Aufruf unserer Partnerorganisation Memorial Deutschland zu einer Mahnwache zur Unterstützung von Memorial International und dem Menschenrechtszentrum Memorial:

Liebe Mitglieder und Freunde von Memorial!

Wir möchten Sie und euch zu zwei wichtige Veranstaltungen einladen:

Bereits am kommenden Samstag, den 19. Februar 2022 finden in Berlin und in vielen weiteren Städten in ganz Europa Kundgebungen im Rahmen des Europäischen Tages der Solidarität mit der Ukraine statt. Die Kundgebungen richten sich gegen die Aggression der russischen Führung gegen die Ukraine und für den sofortigen Abzug der russischen Truppen von den ukrainischen Grenzen und ein Ende der hybriden Bedrohungen gegen die Ukraine. Die Kundgebung in Berlin findet um 15 Uhr auf dem Pariser Platz statt. Die Initiator*innen dieser Kundgebung sind die Initiative des Zentralverbandes der Ukrainer in Deutschland e.V. und die Kyjiwer Gespräche. Memorial Deutschland hat sich dem Aufruf angeschlossen.

In München findet eine Kundgebung von 14 -16 Uhr auf dem Odeonplatz statt, in Leipzig auf dem Marktplatz von 14.45 – 16 Uhr, in Köln um 14.30 Uhr auf dem Neumarkt. Informationen zu weiteren Kundgebungen finden Sie und ihr hier.

Am Freitag, den 25. Februar 2022, findet einen Mahnwache zur Unterstützung von Memorial International und dem Menschenrechtszentrum Memorial vor der Russischen Botschaft in Berlin statt. Die Mahnwache dauert von 17.30 Uhr bis 18.30 Uhr.

Hintergrund ist, dass den Anträgen russischer Justizbehörden, sowohl die Internationale Gesellschaft MEMORIAL als auch das Menschenrechtszentrum MEMORIAL aufzulösen, Ende 2021 in erster Instanz stattgegeben wurde. MEMORIAL hat bereits Berufung dagegen eingelegt und nun findet die Verhandlung über das Berufungsverfahren gegen die Internationale Gesellschaft MEMORIAL vor dem Obersten Gerichtshof in Moskau am 28.02.2022 statt. Wir rufen dazu auf, durch eine Teilnahme an der Kundgebung am 25. Februar 2022 ein weiteres Zeichen der Solidarität zu setzen und die russischen Behörden dazu aufzufordern, sich an den Wertekonsens des Europarates und die Rechtsprechung des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofes zu halten und die Anträge auf Auflösung von MEMORIAL zurückzunehmen.

Wir freuen uns, wenn Sie und ihr an einer oder vielleicht sogar beiden Kundgebungen teilnehmen könnt. Beides gehört zusammen, beides betrifft uns alle.

Herzliche Grüße

Christina Riek (für den Vorstand von Memorial Deutschland)

Vorstandsmitglied
Memorial Deutschland e.V.

Greifswalder Straße 4
10405 Berlin
Mobil: 0176 81118273
www.memorial.de

Am 15. Januar 2022 äußerte sich der Bundesvorsitzende der UOKG Dieter Dombrowski im Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Anlass war eine Stellungnahme des Präsidenten des Bundesarchivs Michael Hollmann, der einen zweistelligen Millionenbetrag gefordert hatte, um die 110 Kilometer Stasi-Akten für die Zukunft zu erhalten. Das Thema war in der letzten Woche auf der Tagesordnung des Kulturausschusses im brandenburgischen Landtag. Für die Standorte Berlin, Rostock, Frankfurt an der Oder, Halle an der Saale, Leipzig und Erfurt werden erhebliche finanzielle Mittel im zweistelligen Millionenbereich für Neubauten notwendig. Die ursprünglich vom Gesetzgeber bei der Überführung der Stasiunterlagenbehörde ins Bundesarchiv vorgesehene kostenneutrale Eingliederung, sei laut Hollmann nicht umsetzbar. Dieter Dombrowski unterstützt ausdrücklich diese Forderung und fordert darüber hinaus mehr finanzielle Mittel für ein Projekt der Fraunhofer-Gesellschaft, das darauf abzielt Schnipsel von Stasi-Akten aus Tausenden von Säcken wieder zusammenzusetzen.  

mehr:

DDR-Opferverband fordert Millionensumme zur Konservierung der Stasi-Akten (rnd.de)

Am 29. Dezember äußerte sich der Bundesvorsitzende der UOKG Dieter Dombrowski im Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Anlass war der 30. Jahrestag des Erlasses des Stasi-Unterlagen-Gesetzes. Das Gesetz habe sich bewährt und sei in seiner Art einmalig in der Welt. Dombrowski kritisierte, dass Mitarbeiter der Staatsicherheit im Westen nahezu unbehelligt geblieben seien, obwohl die Tätigkeit für einen ausländischen Geheimdienst für Westdeutsche strafbar gewesen ist. Gegen Dombrowski waren nach heutigen Erkenntnissen mindestens 15 Westdeutsche als Mitarbeiter des MfS eingesetzt. Andere Bürgerrechtler, die in den Westen gegangen sind, können ähnliches berichten. Es sei an der Zeit, dass sich Politik und Wissenschaften diesem Thema zuwenden.

Bericht: Markus Decker, 29. Dezember 2021. Zum vollständigen Text im RND.

 

Mit Rainer Buchwald ist am 15. Dezember 2021 ein starker und aufrichtiger Charakter von uns gegangen. Allein durch seine Körpergröße füllte der gelernte Schmied den Raum. In seiner Präsenz war er unübersehbar und unüberhörbar. Und er wusste dies auch zu nutzen. Unvergessen ist das Bild von Rainer vor dem Marx-Engels-Denkmal in Berlin. Er hält ein Marx-Zitat in die Kamera, mit dem der „Klassiker“ zum „gewaltsamen Umsturz“ aufruft. Gewalt war Rainer Buchwalds Sache nicht. Zu oft war er selbst Opfer politisch motivierter Gewalt. Bereits als 12-Jähriger wurde der Berliner Junge als „Mitwisser einer Flucht“ in ein Spezialheim eingewiesen. 1967 wurde der Anhänger der westlichen Jugendmusikkultur in das selbst nach DDR-Recht illegale Arbeitslager Rüdersdorf (Thälmannstraße) eingesperrt. Weil er sich nicht brechen ließ, folgte der Jugendwerkhof Kloster Lehnin. Für eine kleine Zeichnung, die nichts weiter wiedergab, als das Gefühl des Eingesperrtseins, erhielt er „Nachschlag“ im Strafvollzugskommando Berndshof bei Ueckermünde. Diese Repressionen haben Rainer die komplette Kindheit und Jugendzeit gekostet. Trotzdem hat er die Jahrzehnte nach der Wiedervereinigung genutzt, um für die Anerkennung der Spezialheim-Insassen als Zeitzeuge und auch vor Gericht zu streiten. Nur wer ihn sehr genau kannte, konnte sich ein Bild davon machen, wie schwer es ihm fiel, sich Tag für Tag den quälenden Erinnerungen zu stellen. Wir verdanken ihm neben kleineren Aufsätzen und vielen recherchierten Dokumenten die ausführliche Untersuchung des illegalen Arbeitslagers Rüdersdorf (Thälmannstraße). Seinem langen Atem ist es mit zu verdanken, dass das Durchgangsheim Alt Stralau heute mit einer Stele markiert ist. Menschen, die ihn kannten, werden nun solche Gedenkzeichen, an denen er beteiligt war, auch mit seinem Namen verbinden. Seine Spuren verlieren sich nicht. Wir finden Sie an vielen Orten wieder.

 

Dieter Dombrowski

Bundesvorsitzender der UOKG