Der Verein „Riebeckstraße 63 e. V.“ sowie die „Gedenkstätte Geschlossener Jugendwerkhof Torgau“ laden herzlich zum Erzählcafé ein. Die Veranstaltung richtet sich an Betroffene, die während der DDR-Zeit in Venerologischen Stationen untergebracht waren, sowie an deren Angehörige.

Programm:

  • Begrüßung
  • Austausch bei Kaffee & Kuchen
  • Rundgang durch den Ausstellungsraum „Offenes Depot“
  • Vertreterinnen des Vereins Betroffeneninitiative ehemaliger DDR Heimkinder sind ebenfalls anwesend

Die Veranstaltung findet im umgebauten Gebäude der ehemaligen Venerologischen Station auf dem Gelände Riebeckstraße 63 statt.

Weiteres Treffen: Ein zweites Treffen ist für den 01.03.24 geplant.

Über die Veranstalter:

Der Initiativkreis Riebeckstraße 63 gründete sich 2019 am historischen Ort der ehemaligen städtischen Arbeitsanstalt. Die Riebeckstraße 63 war ein Kristallisationsort sozialer Ausgrenzung über die politischen Systeme des 19. und 20. Jahrhunderts hinweg. Seit ihrer Gründung stand sie für eine repressive kommunale Fürsorgepolitik, die gesellschaftlichen Phänomenen wie Armut, Arbeitslosigkeit und psychischen Erkrankungen mit Ausgrenzung, Disziplinierung und Arbeitszwang begegnete. Der Initiativkreis setzt sich für die Gestaltung eines lebendigen Erinnerungsortes ein. Zentral ist die Forderung nach einem Gedenken und Lernen am authentischen Ort.

Die Gedenkstätte Geschlossener Jugendwerkhof Torgau ist bundesweit die einzige Gedenkstätte, die eine Auseinandersetzung mit den repressiven Machtstrukturen innerhalb des Bildungs- und Erziehungsapparats der DDR am historischen Ort ermöglicht. Sie ist heute ein Ort des historisch-politischen Lernens, der auf die Notwendigkeit gesellschaftlicher Grundwerte wie Menschenwürde, Freiheit und die Bedeutung demokratischer Umgangsformen verweist.

Für Rückfragen stehen wir unter verein@riebeckstrasse63.de und j.weiss@jugendwerkhof-torgau.de (Juliane Weiß, Gedenkstätte GJWH Torgau) zur Verfügung.

Unter reger Beteiligung von Betroffenen und Fachleuten fand am 14. Oktober 2023 im Erfurter Augustinerkloster der angekündigte Kongress über die DDR-Jugendhäuser statt. Hinter der Bezeichnung „Jugendhäuser“ hatte die DDR seit 1952 erfolgreich einen Großteil ihrer Jugendstrafanstalten versteckt. Vermutlich handelte es sich um eine bewusste Irreführung der Öffentlichkeit, denn zur gleichen Zeit entstanden im Westen Deutschlands die ersten Einrichtungen der Jugendwohlfahrt, von denen eine ganze Reihe bis heute den Namen „Jugendhaus“ trägt.

Dokumentation auf UOKGNews (YouTube): Klick hier.

Die Grußworte des Bundesvorsitzenden der UOKG, Dieter Dombrowski, von Staatssekretärin der Thüringischen Staatskanzlei, Tina Beer, vom Thüringer Landesbeauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, Dr. Peter Wurschi und vom Vorsitzenden des Thüringer Archivs für Zeitgeschichte „Matthias Domaschk“, Andreas Ilse, machten deutlich, dass es gelungen ist, das Thema, vor allem aber die Folgen für die ehemaligen Insassen, an die Politik und Aufarbeitung heranzutragen. Neben der Förderung durch die Stiftung Aufarbeitung der SED-Diktatur ist in diesem Zusammenhang die gelungene Kooperation mit den genannten Thüringer Einrichtungen hervorzuheben.

In Zusammenarbeit mit dem von Stefanie Falkenberg geleiteten Projekt DENKOrte führten fünf geladene Fachleute in das Thema ein. Christian Sachse zeigte die langen Traditionslinien auf des modernen Jugendstrafvollzuges auf, die bis in die späte Kaiserzeit zurückreichen. Einen achtenswerten Fortschritt brachte die Weimarer Republik, der leider vom Nationalsozialismus weitegehend zerstört und von der DDR nur rudimentär wieder aufgegriffen wurde. Ziel des Referates war es, Geschichte an den langen Traditionslinien verstehbar zu machen, Kontinuitäten und Brüche zu markieren. Im Anschluss stellte Stefanie Falkenberg, Elisabeth Kohlhaas, Manfred Buchta und PD Dr. Udo Grashoff ihre Forschungsergebnisse zu den Jugendhäusern Hohenleuben, Torgau, Dessau-Wolfen, und Halle („Frohe Zukunft“) vor. Zu Torgau ist nachzutragen, dass es in dieser Stadt zwei Einrichtungen gab: den Geschlossenen Jugendwerkhof und das Jugendhaus.

In bewährter Moderation durch Isabel Fannrich-Lautenschläger (Deutschlandfunk) kamen nun zwei Zeitzeugen und zwei Zeitzeuginnen zu Wort: Roland Hermann sprach über Halle, Fred Winterfeldt über Gräfentonna, Heidi Mellentin über Dessau und Kerstin Seifert über Hohenleuben.

Der Nachmittag sollte Schritte in die Zukunft weisen: die Juristin Ass. jur. Martina Kegel von der UOKG sprach über Chancen der Rehabilitierung und Entschädigung. Die sinnkonforme Auslegung der Rehabilitationsgesetze gibt eine solche Möglichkeit schon heute her. Gerade hier ist aber noch viel Aufklärung zu leisten. Weitere Aufklärung leisten das Torgauer Dokumentations- und Informationszentrum mit einer Ausstellung zum Torgauer Jugendhaus und das Projekt „DENKOrte“ mit einem Erinnerungsort in Hohenleuben.

Den Abschluss bildete der Dokumentarfilm „Verriegelte Zeit“ von Sibylle Schönemann aus dem Jahr 1990, der durch seine genauen Beobachtungen und intensiven Fragestellungen im Gedächtnis bleiben wird.

Die TV-Dokumentation des Kongresses findet sich in Kürze auf dem YouTube-Kanal UOKGnews. Eine Druckversion erscheint noch in diesem Jahr.

Die beteiligten Forscherinnen und Forscher – so viel darf verraten werden – haben verabredet, ihre Arbeiten weiterzuführen.

Vom 06. – 08.Oktober 2023 fand in den Franckeschen Stiftungen zu Halle der zweite Bundesfrauenkongress statt. Unter dem Motto „Verronnene Zeit – Aufklärung, Aufarbeitung, Netzwerke“ trafen sich Frauen aus der gesamten Bundesrepublik, um sich auszutauschen über ihre politische Verfolgung oder Haft in der DDR. Am ersten Kongressabend diskutierte Konstanze Helber, Vorsitzende des Forums für politisch verfolgte und inhaftierte Frauen der SBZ/SED-Diktatur, mit den Bundestagsabgeordneten Heike Brehmer (CDU), Linda Teuteberg (FDP) und der SED-Opferbeauftragten Evelyn Zupke. Der Kongresssamstag war prall gefüllt mit Vorträgen (Niklas Poppe über den „Roten Ochsen“ und Stefanie Falkenberg zu Hohenleuben), zwei Zeitzeuginnen-Podien (Kerstin Seifert, Irmgard Sinner, Anne Hahn, Brunhild Köhler und Birgit Neumann-Becker) und den Ergebnissen von Psychologinnen zu Traumafolgestörungen (Tolou Maslahati), Zersetzung (Anne Maltusch) und Resilienz (Heide Glaesmer). Von den 120 Teilnehmerinnen und Teilnehmern haben 21 an der Fotodokumentation „Staatssicherheitsinhaftierung“ von André Wagenzik teilgenommen, die weiterhin für Interessierte offensteht. Mit einer Andacht (Pfarrerinnen Birgit Neumann-Becker und Gabriele Zander) sowie einer Kranzniederlegung in der Gedenkstätte Roter Ochse endete die Veranstaltung am Sonntag.

Rund 400 Gäste waren zum 75. Jahrestag nach Fünfeichen bei Neubrandenburg gekommen, darunter auch der Alt-Bundespräsident Joachim Gauck. Dieser erinnerte in seiner Gedenkrede an den grausamen Umgang der Wehrmacht mit Gefangenen der Roten Armee im Zweiten Weltkrieg und die willkürliche Inhaftierung Deutscher nach 1945. Das Schicksal beider Gruppen habe lange „im Erinnerungsschatten“ in beiden Teilen Deutschlands gelegen.

Dort waren von 1939 bis 1945 rund 120.000 Kriegsgefangene der Wehrmacht aus elf Ländern eingesperrt und mussten Zwangsarbeit leisten. Von 1945 bis 1948 waren dort rund 15.000 Deutsche vom Sowjetgeheimdienst NKWD inhaftiert. Erst 1948 – vor 75 Jahren – wurden die Lager endgültig geschlossen und gerieten in Vergessenheit.

Die AG Fünfeichen wurde nach 1990 gegründet, da deutsche Häftlinge in der DDR-Zeit über ihre Haft nicht reden durften. Neben Ex-Mitgliedern von NS-Organisationen aus MV waren in Fünfeichen nach 1945 auch viele Jugendliche ohne Gerichtsverfahren eingesperrt. Ein Drittel dieser Gefangenen überlebte die Zeit in Fünfeichen oder ihre Deportation nach Sibirien nicht. Viele dieser Häftlinge sind laut AG Fünfeichen und deren Vorsitzenden Dr. Rita Lüdtke inzwischen rehabilitiert worden.

Foto: @UOKG (AG Fünfeichen Dr. Rita Lüdtke)

Mit einer Gedenkstunde auf dem Waldfriedhof haben am 9. September 2023 das Brandenburgische Kulturministerium und die Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft an die Opfer des sowjetischen Speziallagers Nr. 6 in Jamlitz erinnert. „Wir erinnern an das unermessliche Leid der Häftlinge und gedenken den Opfern, die die Lagerhaft in Jamlitz nicht überlebt haben“, so der Bundesvorsitzende Dieter Dombrowski anlässlich der Gedenkstunde. Jamlitz ist ein Ort mit erschütternder zweifacher Geschichte, die lange nicht thematisiert wurde.

In Jamlitz hatte die SS im November 1943 das Außenlager Lieberose des KZ-Sachsenhausen mit direkter Anbindung an das Vernichtungslager Auschwitz errichten lassen. Bis 1945 mussten dort rund 10.000 Menschen, vorwiegend Juden aus den besetzten europäischen Ländern, Zwangsarbeit leisten. Ab September 1945 nutze die Rote Armee Jamlitz als Speziallager Nr. 6 zur Inhaftierung von deutschen, polnischen und sowjetischen Staatsbürgern. Unter den etwa 10.300 Häftlingen bis April 1947 waren auch viele Funktionäre der Nationalsozialisten, rund 3400 Inhaftierte starben an Hunger und Krankheiten.

Der Mitteldeutsche Rundfunk sucht DDR-Zeitzeuginnen zu den im Volksmund „Tripperburgen“ genannten venerologischen Stationen. Für ein großes Reportageprojekt sucht der Sender Zeitzeuginnen, die aus ihren Erfahrungen erzählen können. Melden Sie sich gern für ein Kennenlerngespräch unter next-recherche@mdr.de oder unter der 03413006723. Das Thema wird von einem Team aus MDR-Journalistinnen betreut. Das Anliegen des Senders ist es, mit dem Reportageprojekt das Kapitel der venerologischen Stationen in der DDR aufzuarbeiten und für dieses Thema zu sensibilisieren.