Der Bundestag hat am heutigen Donnerstag eine Novellierung der SED-Unrechtsbereinigungsgesetze beschlossen. Der ursprüngliche Gesetzesentwurf (Drs. 19/10817) wurde bis auf die enthaltene Entfristung von Seiten der Opfer und Aufarbeitungsinitiativen stark kritisiert. Dies wurde auch in der öffentlichen Anhörung vor dem Rechtsausschuss des Deutschen Bundestag am 11. September deutlich. Die Fraktionen der CDU/CSU und der SPD aus dem Rechtsauschuss hatten als Folge eine Beschlussempfehlung vorgelegt.

Darin enthalten: Die zum 31. Dezember 2019 auslaufende Frist für den Antrag auf eine Rehabilitierung wird ersatzlos gestrichen. Betroffenen von Spezialheimen oder vergleichbaren Einrichtungen und Kindern, die nur aufgrund der Inhaftierung ihrer Eltern in ein Heim eingewiesen wurden, wird grundsätzlich die Rehabilitierung ermöglicht. Die Regelung, wonach die sog. Opferrente erst ab einem Freiheitsentzug von min. 180 Tage gewährt wird, wird auf 90 Tage reduziert. Darüber hinaus wird die Opferrente von 300 auf 330 Euro und die Ausgleichsleistungen nach dem beruflichen Rehabilitierungsgesetz von 214 auf 240 bzw. von 153 auf 180 Euro erhöht. Zudem wird im Gesetz festgeschrieben, dass die Höhe dieser Zahlungen alle fünf Jahre überprüft wird. Verfolgte Schüler, die bisher keinerlei Entschädigungen erhalten haben, bekommen nunmehr Zugriff auf die Ausgleichsleistungen. Auch Zersetzungsopfer wurden bisher nicht entschädigt. Für sie ist eine Einmalzahlung in Höhe von 1.500 Euro vorgesehen.

Letztlich enthält das Paket noch eine Änderung des Adoptionsvermittlungsgesetzes, mit welcher u.a. die Möglichkeit geschaffen wird, politisch motivierte Adoptionsvermittlungen in der DDR für wissenschaftliche Vorhaben zu erforschen.

Für den Gesetzesentwurf stimmten die CDU, CSU, SPD und die FDP. Bündnis 90/Die Grünen und die Linke enthielten sich. Die AfD stimmte gegen den Gesetzesentwurf.

Dieter Dombrowski, Bundesvorsitzender der Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft (UOKG):

„Kurz vor knapp hat die Bundesregierung ihr Wort gehalten und die Entfristung der SED-Unrechtsbereinigungsgesetze beschlossen. Darüber hinaus wurden die im Juni gegenüber dem ursprünglichen Gesetzesentwurf vor dem Rechtsausschuss geäußerten Kritiken gehört.“

Dombrowski weiter: „Ich bin ehrlich, derart weitgehende Verbesserungen habe ich nicht erwartet. Entfristung, tiefgreifende Verbesserungen für Heimkinder, Erhöhung der Opferrente und Ausgleichsleistungen mit einer fünfjährigen Überprüfungsfrist, die 180-Tageregelung halbiert, verfolgten Schülern den Zugang zu Ausgleichsleistungen ermöglicht, Entschädigungen für Zersetzungsopfer und dann noch Änderungen im Adoptionsvermittlungsgesetz, die die Voraussetzungen für eine Hauptstudie schaffen. Wir sind mit vielen unserer Forderungen durchgekommen. Das ist ein sehr gutes Zeichen in Richtung der Betroffenen von SED-Unrecht. Alles in allem ein großer Erfolg!“

„Wenn Herr Ministerpräsident Ramelow die DDR nicht als Unrechtsstaat sieht, dann mag das den bevorstehenden Landtagswahlen oder auch einem merkwürdigen Rechtsstaatsverständnis geschuldet sein. Die DDR war nach eigener Definition eine Diktatur des Proletariats. Wenn Herr Ministerpräsident Ramelow eine Diktatur mit Wahlfälschungen, Verweigerung der Bürgerrechte, massenweisen politischen Infaftierungen und Auftragsmorden in Verantwortung von SED und MfS für rechtsstaatlich hält, dann ist anerkennend zur Kenntnis zu nehmen, dass er so ehrlich ist, sich vor einer anstehenden Wahl zur Diktatur zu bekennen“, so Dieter Dombrowski, Bundesvorsitzender der Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft.

Der Bundestag wird heute über eine Gesetzesänderung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes entscheiden. Mit der Gesetzesänderung wird die zum 31. Dezember 2019 auslaufende Regelung zur Überprüfung von bestimmten Personengruppen, die in politisch oder gesellschaftlich herausgehobener Position tätig sind, auf eine hauptamtliche oder inoffizielle Tätigkeit für den Staatssicherheitsdienst bis zum 31. Dezember 2030 verlängert.

Darüber hinaus wird über das Konzept des Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen und des Bundesarchivs für die dauerhafte Sicherung der Stasi-Unterlagen durch Überführung des Stasi-Unterlagen-Archivs in das Bundesarchiv abgestimmt.

Dieses sieht u.a. vor, dass die Stasi-Akten in Zukunft mit einem eigenen Bereich unter dem Dach des Bundesarchivs stehen sollen. So würden Kompetenzen, Technik und Ressourcen gebündelt.

Auf dem Gelände der ehemaligen Stasi-Zentrale in Berlin-Lichtenberg soll ein Archivzentrum zur SED-Diktatur eingerichtet werden. Zudem soll das Archivzentrum Restaurierungs- und Digitalisierungswerkstätten umfassen, was auch die Rekonstruktion der Schnipsel beinhalten soll.

Zukünftig soll es pro Bundesland nur noch einen Archivstandort geben. An den bisherigen zwölf Außenstellen sollen aber weiterhin Informationen, Beratung, Antragstellung und Akteneinsicht angeboten werden.

Dieter Dombrowski, Bundesvorsitzender der Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft (UOKG):

„Die Verlängerung der Stasiüberprüfung ist eine notwendige und somit auch gute Entscheidung.“

Dombrowski weiter zum Konzept über die Zukunft der BStU: „Das Konzept ist das Produkt jahrelanger Verhandlungen. Dadurch werden nun langfristige Planungen, wie die dringend erforderlichen Erneuerungen der Archive möglich. Daher tragen wir als Vertreter der Opfer diesen Prozess grundsätzlich mit. Es müssen aber gewisse Bedingungen erfüllt sein. So darf sich die Akteneinsicht für die Opfer nicht verändern bzw. müsste sich verbessern. Das Stasi-Archiv muss auch in den Regionen für das öffentliche Bewusstsein deutlich sichtbar bleiben. Die geschredderten Akten müssen so schnell wie möglich zusammengesetzt werden. Die Opferverbände sind bei der Umsetzung des Konzepts mit einzubinden.“

Dombrowski weiter: „Unverzichtbar bleibt uns die Berufung eines Opferbeauftragten durch den Deutschen Bundestag. Dafür erwarten wir in naher Zukunft konkrete Pläne, die wie von den Regierungsparteien versprochen mit uns, den Opferverbänden, abgesprochen werden.“

Mauerbau jährt sich zum 58. Mal

 

Am 13. August 1961 wurde die Mauer errichtet. Die Grenzgebiete wurden massiv bewacht. Die 30.000 Grenzsoldaten hatten Schießbefehl.

Auf Frauen und Kinder sollte aber nicht geschossen werden. Die Stasi stellte jedoch die Forderung, mit der Anwendung der Schusswaffe nicht zu zögern, auch dann nicht, wenn die Grenzdurchbrüche mit Frau und Kind erfolgen, was sich die Verräter schon oft zu Nutze gemacht hätten.

Bis 1989 starben über 30 Kinder und Jugendliche an der Berliner Mauer und innerdeutschen Grenze. Dies beleuchtet nun eindrucksvoll eine Dokumentation der ARD. So ertranken Kinder aus West-Berlin in der Spree, weil die Grenzsoldaten ihnen nicht halfen und West-Berliner Einsatzkräfte sich aufgrund des Schießbefehls im Osten nicht ins Wasser wagten. Erst nach 1975 einigten sich Ost und West auf eine Erstretterabsprache.

Auf Jugendliche, die über die Elbe oder an anderen Orten versuchten die Grenze zu überwinden, wurde ohne zu zögern mit Maschinenpistolen geschossen. So wurden von zwei Grenzern Maschinenpistolensalven auf den 15-jährigen Heiko Runge abgefeuert, obwohl dieser, selbst nach Aussage der Stasi, auch einfach hätte festgenommen werden können. Eine Kugel traf den Jugendlichen tödlich.

 

Dieter Dombrowski, Bundesvorsitzender der Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft (UOKG):

„Um seinem eigenen Volk den Weg in die Freiheit zu versperren, waren dem SED-Regime alle Mittel Recht, auch wenn dies den Tod von Kindern und Jugendlichen zur Folge hatte.“

Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass DDR-Flüchtlinge, die dauerhafte Schädigungen erlitten haben, entschädigt werden können.

Das Bundesverwaltungsgericht hat letzten Mittwoch eine historische Entscheidung getroffen: „Weil DDR-Grenzsicherungsanlagen rechtsstaatswidrig waren, können Flüchtlinge aus der DDR für gesundheitliche Schäden durch den Grenzübertritt grundsätzlich entschädigt werden.“ (Az. BVerwG 8 C 1.19). Geklagt hatte ein Mann, der 1988 durch die Flucht nach West-Berlin traumatisiert wurde und bis heute dauernde psychische Beeinträchtigungen ertragen muss. Er kann nun staatliche Hilfeleistungen von den Versorgungsämtern in Anspruch nehmen.

Der Bundesvorsitzende der Union der Opferverbände kommunistischer Gewaltherrschaft begrüßt diese Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes. „Traurig ist“, so Dombrowski weiter, „dass Opfer der SED-Diktatur ihre Rechte immer wieder über den Rechtsweg durchsetzen müssen. Grundsätzlich lehnen die Versorgungsämter Hilfen zur Linderung von psychischen Schäden der SED-Opfer regelmäßig ab. Uns sind Fälle bekannt, in denen Gutachtern, die solche Schäden attestieren, gedroht wurde, dass sie von Versorgungsämtern und Richtern keine Gutachteraufträge mehr erhalten, wenn Sie weiter psychische Schäden attestieren. Damit ist jetzt hoffentlich Schluss,“ so Dombrowski.

 

Ansprechpartner wegen Urlaub: info@uokg.de Telefon: 030 55 77 93 51

Pressemeldung als PDF

Am heutigen Freitag, dem 28. Juni 2019, wurde nicht nur über einen Novellierungsentwurf der SED-Unrechtsbereinigungsgesetze beraten.

Darüber hinaus beschloss der Bundestag mit großer Mehrheit einen Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD zum Thema „Aufarbeitung Zwangsadoption in der SBZ/DDR 1945 – 1989“ (Drucksache 19/11091).

Der Antrag sieht vor, das Leid der Betroffenen in der ehemaligen SBZ/DDR als politische Opfer anzuerkennen. Es soll eine zentrale Vermittlungsstelle auf Bundesebene eingerichtet werden, an die sich Betroffene wenden können. Zudem soll eine datenschutzkonforme DNA-Datenbank eingerichtet werden. Die Akten sollen dauerhaft erhalten bleiben, die wissenschaftliche Forschung durch erforderliche Gesetzesänderungen ermöglicht und die Öffentlichkeitsarbeit gestärkt werden.

Dieter Dombrowski, Bundesvorsitzender der Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft (UOKG):

Zwangsadoption ist ein sehr emotionales Thema, welches wir schon seit vielen Jahren verfolgen. Der Verein Opfer von Zwangsadoptionen ist schon lange Mitglied bei der UOKG und deren Vorsitzende Katrin Behr hat in den letzten Jahren gemeinsam mit der UOKG viel erreicht. So gibt es bei uns seit längerer Zeit eine offizielle Beratungsstelle zu dem Thema Zwangsadoption. Auch erreicht wurde die Erstellung einer Pilotstudie, welche als Grundlage für die im Antrag erwähnte Hauptstudie gilt. Es freut mich sehr, dass dieser Antrag mit dieser überwältigenden Mehrheit angenommen wurde und bin für die Zukunft gespannt, wie die Regierung ihr Vorhaben umsetzt.“