Dachverband der SED-Opfer über den Vergleich Israels mit der DDR durch Günther Grass
Rainer Wagner: “Die Äußerungen sind unerträglich“

In einem Beitrag, der heute in der Süddeutschen Zeitung veröffentlicht wurde, hat Günther Grass auf das von Israel verhängte Einreiseverbot vor dem Hintergrund der Debatte um sein umstrittenes Gedicht „Was gesagt werden muss“ reagiert. In diesem Beitrag erinnert Grass an sein Einreiseverbot in die DDR und fühlt sich durch die Begründung des neuerlichen Einreiseverbots „ …– dem Tonfall nach – an das Verdikt des Ministers Mielke“ erinnert.

Für den Bundesvorsitzenden des Dachverbands der SED-Opfer, Rainer Wagner, ist ein solcher Vergleich inakzeptabel.
Wagner hierzu:

„Diese Äußerungen sind schlichtweg unerträglich. Wenn Günther Grass eine Ähnlichkeit Israels mit der DDR suggeriert, stellt er wieder einmal seine beschämende historische Unkenntnis unter Beweis. Er, der sich einst damit blamierte, die DDR als ‚kommode Diktatur’ zu bezeichnen, stellt nun die einzige wirkliche Demokratie im Nahen Osten auf eine Stufe mit dem Mielke-Terror. Damit hat er nicht nur eine neue Ebene der Peinlichkeit erreicht, damit verhöhnt er auch alle, die unter den Repressionen des SED-Regimes gelitten haben.“

Nach Meinung von Wagner sollte Grass bei seiner Kritik auch nicht den anderen Aspekt seines Einreiseverbots vergessen:

“Das ist nicht etwa nur sein Gedicht, sondern auch seine jahrzehntelang verschwiegene Mitgliedschaft in Hitlers Waffen-SS. Es stünde ihm deshalb besser zu Gesicht, zu schweigen.“

 

Die im Rahmen des UOKG-Verbändetreffens am 31. März und 1. April 2012 in Berlin
versammelten Vereine und Aufarbeitungsinitiativen verabschiedeten die folgende Resolution:

Die politischen Häftlinge der SED-Diktatur und die Verfolgten und von schwerem Unrecht Betroffenen der kommunistischen Gewaltherrschaft verfolgen mit großer Aufmerksamkeit die Untersuchungen, Erkenntnisse und Ergebnisse der Enquete-Kommission des brandenburgischen Landtags.

Sie ermutigen die Initiatoren aus den drei Oppositionsparteien zur engagierten Fortsetzung der Aufklärung und Aufarbeitung der Geschehnisse und Entwicklungen sowie der deutlich erkennbaren Defizite nach der friedlichen Revolution von 1989/1990. Sie wenden sich gegen alle Versuche, die Arbeit der Kommission und vor allem der berufenen Gutachter zu behindern und die Feststellungen der Unterlassungen und Fehlentwicklungen zu bagatellisieren und das SBZ/DDR-Unrecht zu verharmlosen oder schön zu reden.

Besondere Beachtung verdient die ab April 2012 im Schwerpunkt V der Arbeit behandelte Thematik der Eigentumstransformation im Bereich der Landwirtschaft und der ländlichen Räume. Opfer, Geschädigte und Betroffene und deren Familien erwarten von den Verantwortlichen und von den zuständigen Mitwirkenden im Landesparlament:

– Lückenlose Aufklärung der Abläufe in den Bereichen der Konfiskationen und Enteignungen, der Zwangskollektivierung und der damit verbundenen Rechtsverletzungen im Land Brandenburg;
– Wirksame Maßnahmen der Schadensbegrenzung und Wiedergutmachung im Sinne der von den Mitgliedsverbänden zu unterbreitenden bzw. vorliegenden Vorschläge, soweit diese auf Landesebene möglich sind;
– Konkrete Initiativen durch Vorschläge für gesetzliche Regelungen auf Bundesebene und deren nachhaltige Unterstützung aus dem Land Brandenburg (Beispiel: Entwurf für ein sogen. „Bodenreformbereinigungsgesetz“ als Konsequenz u.a. aus der Brandenburger Bodenaffäre);
– Unterstützung durch Vermittlung von Ergebnissen an die Landtage der anderen neuen Länder auf der Basis der neuerdings gegebenen Modell-Funktion der Enquete-Kommission.

Nachdem erst mit über 20-jähriger Verspätung in Brandenburg eine Landesbeauftragte für die Aufarbeitung der SED-Diktatur berufen wurde, deren Arbeit wir mit Respekt und Anerkennung würdigen, und nachdem darüber hinaus die Einsetzung der Enquete-Kommission möglich wurde, könnten im kommenden Halbjahr wichtige und folgenreiche Ergebnisse der Aufarbeitung bis hin zu möglichen Kurskorrekturen erreicht werden.

Protest gegen das einseitige Ausstellungskonzept der Gedenkstättenleitung Potsdam-Leistikowstrasse

Wir, die bevollmächtigten Vertreter von 25 Opferverbänden und Aufarbeitungsinitiativen der kommunistischen Diktatur in Deutschland, protestieren entschieden gegen das unseriöse und einseitige Ausstellungskonzept der Gedenkstätte Leistikowstrasse in Potsdam und der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten im früheren KGB-Foltergefängnis Leistikowstrasse. Die Zeitzeugen und unsere Verbände sind nicht bereit, sich diese Konzeption aufzwingen zu lassen. Niemand kann von den Opfern verlangen, sich mit dieser Ausstellung zu identifizieren.

Die situationsbedingte Überreaktion des 83-jährigen Workuta-Überlebenden, eines schwer leidgeprüften Opfers der kommunistischen Diktatur, auf die Leiterin der Gedenkstätte Leistikowstrasse am 23. März 2012 bedauern wir aufrichtig. Gewalt ist kein Mittel der politischen Auseinandersetzung.

Gleichzeitig verurteilen wir aber auch jeden Versuch, diesen einmaligen Vorfall gegen den Zeitzeugen und den Gedenkstättenverein zu instrumentalisieren und das durch die Haft in kommunistischen Lagern traumatisierte Opfer zu kriminalisieren. Das zerrüttete Verhältnis zwischen den Beteiligten in der Leistikowstrasse haben nicht die Opfer der Diktatur zu verantworten. Es ist das Ergebnis des egozentrischen Agierens der Gedenkstättenleitung gegenüber Opfern und Zeitzeugen.

Gemeinsame Presseerklärung des Dachverbands der SED-Opfer und der „Interessengemeinschaft der ehemaligen DDR-Flüchtlinge“

Am 22. März 2012 fand in Berlin das Kolloquium »Generation „Flucht-Ausreise-Freikauf“ – eine Minderheit per Wiedervereinigung« statt. Eine gemeinsame Veranstaltung der „Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft e.V.“ (UOKG) und der „Interessengemeinschaft ehemaliger DDR-Flüchtlinge e.V.“ (IEDF), unterstützt von der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur.

Die Teilnehmer des Kolloquiums fordern ein Ende der politischen Diskriminierung der Flüchtlinge aus der ehemaligen DDR.

Im Rahmen der Veranstaltung gab es eine Podiumsdiskussion. Die Teilnehmer waren:

  • Ottmar Schreiner, Bundestagsfraktion der SPD
  • Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Bundestagsfraktion Bündnis90/DieGrünen
  • Angelika Barbe, Bürgerrechtlerin, Bundestagsabgeordnete a.D., Zeitzeugin
  • Jutta Fleck, Leiterin des Schwerpunktprojekts „Politisch-historische Aufarbeitung der SED-Diktatur“ der HLZ, „Frau vom Checkpoint Charlie“

Moderation: Dr. Jürgen Holdefleiß, Vorstand IEDF

Alle Anwesenden solidarisieren sich mit dem Kampf der Interessengemeinschaft ehemaliger DDR-Flüchtlinge um die Wiederherstellung des verletzten Rechts und stellen sich ausdrücklich hinter den folgenden Text und verabschiedeten eine Resolution:

Wir klagen an:

  1. Die Flüchtlinge aus der ehemaligen DDR waren durch ihre Eingliederung unter dem Schirm des Grundgesetzes zu Bürgern der Bundesrepublik Deutschland geworden. Mit dem Beitritt der DDR wurden sie faktisch wieder zu DDR-Staatsbürgern gemacht, um sie formal am Beitritt der DDR zum 3. Oktober 1990 teilnehmen zu lassen.
  2. Es gibt kein von der gesamtdeutschen Legislative beschlossenes Gesetz, das die Exekutive zu der unter Pkt.1 genannten Maßnahme ermächtigt.
  3. Die Hintergründe (Motive, Zielstellung, Verantwortlichkeit) zu der unter Pkt.1 genannten Maßnahme wurden durch die Regierung bisher nicht öffentlich zugänglich gemacht.
  4. Diese „Doktrin“, nach der DDR-Flüchtlinge wieder zu DDR-Staatsbürgern gemacht wurden, ist nicht nur eine politische Diskriminierung, sondern hat, wie auch die Regierung weiß, soziale Folgen. Damit werden die Flüchtlinge aus der ehemaligen DDR in doppelter Hinsicht zu Verlierern der Wiedervereinigung.
  5. Den von Partei und Regierung der ehemaligen DDR Begünstigten ist es gelungen, ihre Privilegien (Renten, Sonderrenten) aus dem Unrechtsregime DDR per 3. Oktober 1990 unter den Schutz des Grundgesetzes gestellt zu bekommen. Den Flüchtlingen aus der ehemaligen DDR hingegen wurde gleichzeitig der Schutz durch das Grundgesetz entzogen.
  6. Da eine klare gesetzliche Grundlage fehlt, wurde die „Ausgliederung“ der ehemaligen DDR-Flüchtlinge geheim gehalten. Informationen sind zu keiner Zeit ergangen, weder individuell an die Betroffenen, noch öffentlich über regierungsamtliche Verlautbarungen, noch über die Medien.

Resolution

Die Teilnehmer des Kolloquiums fordern Regierung und Parlament auf, das verletzte Recht unverzüglich wiederherzustellen. Hierzu wird auch auf die seit 2006 beim Petitionsausschuss des Bundestages liegende, aus mehreren hundert Einzelpetitionen bestehende einschlägige Sammelpetition verwiesen.

Dr. Jürgen Holdefleiß                                     Rainer Wagner
(Vorsitzender IEDF)                                       (Vorsitzender UOKG)

Die Union der Opferverbände kommunistischer Gewaltherrschaft (UOKG) appelliert an Frau Beate Klarsfeld, ihren Namen nicht von der Partei „Die Linke“, die verantwortlich ist für Mauermord und Stasi-Verbrechen, missbrauchen zu lassen.

Der Bundesvorsitzende der UOKG Rainer Wagner, der bereits als 15-Jähriger eine politische DDR- Haft verbüßen musste, erklärte: „Der Mut und das Engagement von Frau Klarsfeld für eine gerechte Bestrafung der Nazi-Verbrecher und konsequente Aufarbeitung der NS-Diktatur haben vielen von uns Achtung und Respekt abgenötigt. Umso mehr erschüttert es uns, dass die für Mord an der DDR-Grenze, menschenverachtende Verbrechen in Gefängnissen, Willkürurteile der SED-Justiz und Stasi-Zersetzungsmaßnahmen verantwortliche Partei dabei ist, den guten Namen von Frau Klarsfeld zu beschmutzen.

Wir appellieren an Frau Klarsfeld, das Angebot der in „Die Linke“ umbenannten SED, in der ein Großteil der Mitglieder das DDR-Unrecht noch heute bagatellisiert, es rechtfertigt oder es gar als Modell für die Zukunft anpreist, abzulehnen. Noch heute leiden Hunderttausende an den Folgen der SED-Unterdrückung. Wir würden es sehr bedauern, wenn wir feststellen müssten, dass Frau Klarsfeld ihre moralische Autorität als ehrliche Kämpferin für Demokratie, Freiheit und Gerechtigkeit aufs Spiel setzt“.

Zum Rücktritt von Christian Wulff
Opfer der SED-Diktatur schlagen Joachim Gauck als Kandidaten für das Bundespräsidentenamt vor

Uns Opfer der kommunistischen Gewaltherrschaft haben die unangenehmen Auseinandersetzungen um Bundespräsident Christian Wulff sehr betrübt.

Als UOKG hatten wir immer besonderes Vertrauen zu den jeweiligen Bundespräsidenten. Soweit ich es übersehe, haben sie sich alle stark in der Frage des Zusammenwachsens Deutschlands und der Aufarbeitung des Unrechts in der DDR verdient gemacht. Deshalb berührt uns die Beschädigung des Amtes des Staatsoberhauptes besonders.

Es ist jetzt dringend nötig, dass eine von einer breiten Mehrheit der Bevölkerung getragene Persönlichkeit diesem Amt erneut Autorität verleiht. Wir denken, dass kaum ein anderer für diese Aufgabe geeigneter ist als Joachim Gauck. Es gibt nur wenige so unumstrittene und in der Bevölkerung geachtete Persönlichkeiten wie ihn. Er steht in vieler Hinsicht über den Parteien und kann daher in hohem Maße integrierend wirken. Joachim Gauck würde die angeschlagene Autorität des Amtes nicht nur sehr schnell wieder herstellen, sondern wahrscheinlich noch stärken. Gleichzeitig trauen wir ihm zu, angesichts der großen Herausforderungen und Probleme, vor denen unser Volk und Land 2012 steht, unserer Bevölkerung die nötige Kraft und Orientierung zu geben.

Rainer Wagner, UOKG-Bundesvorsitzender