Wir sind Betroffene, die durch die größte DDR-Arzneimittelstraftat physisches und psychisches Unrecht erfahren haben. Zwischen August 1978 und März 1979 wurden tausende Frauen nach einer Geburt, Fehlgeburt oder Schwangerschaftsunterbrechung mit HCV-kontaminiertem Human-Immunglobulin-Anti-D infiziert.
Die Anwendung von Anti-D Immunglobulin war in der DDR eine gesetzlich angeordnete Pflichtimmunisierung bei Rh-negativen Frauen. Das Serum wurde im damaligen BIBT-Halle hergestellt. Die Verantwortlichen und die höchste Ebene (Zentrales Kontrollinstitut für Seren und Impfstoffe- Berlin) wussten bereits mindestens seit April 1978, dass die Plasmaspender an Hepatitis erkrankt waren. Eine Sperrung oder Vernichtung der kontaminierten Chargen wurde von den obersten Gremien vor Beginn des Anwendungszeitraumes abgelehnt. Es war somit eine politische Entscheidung, die Seren mehrerer Chargen in gepanschter Form weiteranzuwenden. Selbst nachdem bereits Anfang Januar 1979 hunderte Krankheitsfälle in allen Bezirken der DDR (Zwangseinweisung in Isolierstationen), bekannt waren, wurde durch eine Kommission von Chefärzten festgelegt, diese Seren weiteranzuwenden. Infolge wurden dennoch weitere hunderte Frauen bis Mitte März wissentlich infiziert. Insgesamt bekamen knapp 7000 Frauen die kontaminierten Chargen der Seren injiziert.
Neben der monatelangen Zwangsisolierung ohne Kontakt zu den Neugeborenen, Geschwisterkindern und Partnern wurden die Frauen zu jährlichen äußerst schmerzhaften Leberblindpunktionen bis 1989 gezwungen, die sehr lebensgefährlich waren. Ebenfalls angeordnete tausende regelmäßige Blutentnahmen, die ebenfalls ausschließlich der Forschung dienten, führten zu Vernarbungen der Venenzugänge und mussten von den Betroffenen erduldet werden. Es wurden damals Verschwiegenheitsverpflichtungen der Betroffenen abgefordert. Auch neuentwickelte Interferontherapien als angedachte Studie wurden bereits 1987 zwischen DDR (Berlin) und BRD (Hannover) auf Kongressen verhandelt. (Quelle: BStU MfS-A/M 1029/91 I/2)
Die wichtige Arbeitsform in unserer Interessengemeinschaft ist der Austausch von Informationen, gegenseitige Hilfe und Ratschläge für die Betroffenen und deren Angehörigen. Gesundheitsbezogene Selbsthilfeaktivitäten dienen dem Umgang mit dieser chronischen Krankheit und deren Folgeerkrankungen. Der Willkür der Versorgungsämter und jahrelange Begutachtungen, verbunden mit rechtlichen Auseinandersetzungen muss endlich Einhalt geboten werden, um dem Trauma der Betroffenen ein Ende zu setzen.
Das Anti-D-Hilfegesetz (AntiDHG) bildet seit dem Jahr 2000 eine gesetzliche Grundlage, dies aber mit gravierenden Nachteilen für die Betroffenen behaftet ist und dringend einer aktuellen Novellierung bedarf.
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