19. Okt. Holzkohle und Zigarren für Europa – Zwangsarbeit in Kubas Straflagern
Kuba ist eine der letzten kommunistischen Diktaturen der Welt. Während in Havanna Touristen Oldtimer fotografieren und die Regierung mit revolutionären Parolen die „soziale Gleichheit” anpreist, existiert hinter den Mauern der Gefängnisse ein anderes, verborgenes Kuba – das der Gewalt und der Zwangsarbeit.
Der jüngste Bericht der Menschenrechtsorganisation Prisoners Defenders legt erschütternd offen, wie das Regime politische Gefangene und gewöhnliche Häftlinge zu Zwangsarbeit verpflichtet: ein staatlich organisiertes Ausbeutungssystem, das zugleich der Kontrolle und der wirtschaftlichen Stabilität des Einparteienstaates dient.
Laut dem Bericht schuften mehr als 60.000 Inhaftierte in über 240 Haftanstalten und Straf- und Außenlagern. Ob Zuckerrohr, Ziegel oder Tabak – kaum ein Wirtschaftssektor bleibt unberührt. Offiziell nennt Havanna diese Arbeit „Resozialisierung“, tatsächlich handelt es sich um Zwangsarbeit unter unmenschlichen Bedingungen. Die Betroffenen berichten von Arbeitstagen mit bis zu 15 Stunden Dauer, ohne Pausen, mit unzureichender Ernährung und ohne jede Sicherheitsvorkehrung.
Wer sich weigert, wird bestraft. Isolation, Schläge, Schlafentzug oder die Streichung von Familienbesuchen sind gängige Disziplinarmaßnahmen. Gefangene verlieren außerdem das Recht auf Haftverkürzung oder medizinische Betreuung. Insassen von Straflagern berichten, sie hätten nur durch die Arbeit Zugang zu elementaren Gütern wie Seife, Kleidung oder Medikamenten erhalten. Damit wird Arbeit zur Überlebensfrage – und zur Waffe der Unterdrückung.
Besonders brutal trifft dieses System die zahlreichen politischen Gefangenen. Denn wer es in Kuba wagt, zu demonstrieren oder das Regime anderweitig zu kritisieren, landet nicht selten in Straflagern, wo körperliche Arbeit zur „Umerziehung“ missbraucht wird. Diese Praxis verletzt grundlegende Menschenrechte und verstößt gegen internationale Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO), die Zwangsarbeit ausdrücklich verbieten.
Die staatliche Kontrolle reicht bis in den globalen Handel. Zahlreiche Produkte aus der Zwangsarbeit kubanischer Gefangener, etwa Holzkohle, Zucker oder Zigarren, gelangen auf den internationalen Markt und damit auch nach Deutschland. Westliche Unternehmen profitieren somit indirekt von der Ausbeutung in einem totalitären System. Die kubanische Regierung wiederum nutzt die Deviseneinnahmen, um ihr Machtgefüge aufrechtzuerhalten.
Ein besonders zynisches Beispiel ist die Holzkohle aus der invasiven Pflanze Marabú, die zu einer großen Gefahr für landwirtschaftliche Flächen in Kuba geworden ist. Dieses qualitativ hochwertige Produkt, das Verkäufer hierzulande gern als „ökologisch sinnvolle Alternative“ bewerben, wird in der Realität oft von Gefangenen hergestellt, für den Export billig aufgekauft und in Europa als „nachhaltige Premium-Holzkohle“ teuer verkauft – zu Preisen, die durchaus das Hundertfache des Einkaufspreises betragen können. Was als grünes Luxusprodukt beworben wird, trägt in Wahrheit die Spuren von Zwangsarbeit und Elend.
Doch die internationale Geduld schwindet. Die Europäische Union hat Ende 2024 ein Einfuhrverbot für Produkte beschlossen, die durch Zwangsarbeit hergestellt wurden. Bis dieses Verbot wirksam greifen kann, wird allerdings noch einige Zeit ins Land gehen, denn es tritt erst Ende 2027 in Kraft. Ohne politische Konsequenzen und genaue Überwachung von Lieferketten droht die Maßnahme jedoch reine Symbolpolitik zu bleiben.
Für die betroffenen Gefangenen in Kuba ist die Lage prekär und nahezu aussichtslos. Ihre Berichte erinnern an die Methoden der kommunistischen Diktaturen des 20. Jahrhunderts – an Systeme, in denen Arbeit zur Strafe, Schweigen zur Überlebensstrategie und Unterordnung zur Pflicht wurde.
Die UOKG sieht sich in der Verantwortung, die Zustände in Kuba öffentlich zu machen. Zwangsarbeit war und ist ein Markenzeichen totalitärer Herrschaft. Kubas Gefängnisse und Straflager stehen als mahnendes Zeichen, dass im Namen der Ideologie der „sozialistischen Befreiung“ jetzt und heute Menschen unterdrückt und geknechtet werden. Wo die Würde des Einzelnen dem Staat geopfert wird, endet jede Freiheit. Europa und die Welt dürfen diesem Unrecht nicht weiter tatenlos zusehen.
Text: Sebastian Sachse, Foto: Cover der Studie
Die Studie ist auf der Webseite von Prisoners Defenders in mehreren Sprachen als PDF verfügbar.
