Lagergemeinschaft Workuta / GULag Sowjetunion


„Das Gedächtnis schmerzt wie die erfrorene Hand beim ersten kalten Wind. Es gibt keinen Menschen, der aus der Haft zurückgekommen ist und auch nur einen einzigen Tag nicht an das Lager gedacht hätte, an die erniedrigende und schreckliche Arbeit im Lager“.

Warlam Schalamow

 

Zur Lagergemeinschaft Workuta/ GULag Sowjetunion zählen sich ehemalige politische Häftlinge des Kommunismus, die als Zivilisten zwischen 1945 und 1953 in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) oder in der DDR durch Sowjetische Militärtribunale zu langjährigen Freiheitsstrafen (meist 25 Jahre Arbeitslager) verurteilt und in die Sowjetunion verschleppt wurden, um die verhängten Strafen dort in einem der vielen Arbeitslager zu verbüßen.

Nach Ende des Zweiten Weltkriegs haben diese meist jungen Frauen und Männer in der SBZ/DDR Widerstand gegen die Errichtung einer der Nazi-Gewaltherrschaft folgenden neuen Diktatur geleistet. Der Widerstand gegen die kommunistische Gewaltherrschaft bestand in allen Aktionen, die in einer demokratischen Gesellschaft selbstverständlich und legal sind, etwa im Verteilen von Flugblättern oder in Kritik an der herrschenden Partei SED und ihrer Regierung.

Den unter Ausschluss jeglicher Öffentlichkeit und ohne Rechtsbeistand stattfindenden Gerichtsverfahren gingen mehrmonatige Untersuchungshaftzeiten in Gefängnissen des sowjetischen Geheimdienstes voraus. Dabei unterlagen die Häftlinge, die vom Zeitpunkt ihrer Verhaftung an für ihre Angehörigen und die deutsche Öffentlichkeit spurlos verschwunden waren, jeder nur denkbaren physischen und psychischen Folter. Letztlich waren sie so zermürbt, dass sie die von den Verhöroffizieren vorgelegten meist unsinnigsten Geständnisse unterschrieben, nur um dieser Qual endlich ein Ende zu machen.

Manche Gefangenen wurden per Fernurteil durch Sonderberatungen einer Troika, der sogenannten „OsobojeSoweschanje“ (OSO), verurteilt, ohne je einen Richter gesehen zu haben.

Die gegen die Gefangenen erhobenen Anklagen beruhten in der Regel auf dem Paragraphen 58 des sowjetischen Strafgesetzbuches, in dem sogenannte konterrevolutionäre Verbrechen in 14 Abschnitten abgehandelt waren. So umfasste z.B. der Paragraph 58.4 „Unterstützung der internationalen Bourgeoisie“, 58.6 „Spionage“ und 58.10 „Antisowjetische Propaganda“. Die Zahl der so Verurteilten wird auf ca. 35.000 geschätzt, unter ihnen waren etwa 1.200 Menschen aus Westdeutschland oder Westberlin.

Nach den SMT-Prozessen kamen die meisten Verurteilten in eine der GULag-Strafregionen der Sowjetunion, einige auch in die sogenannten Speziallager oder Gefängnisse in der SBZ/DDR. Die größte Zahl der deutschen GULag-Häftlinge wurde nach Workuta deportiert, viele Häftlinge sind auch in die Lager nach Inta, Karaganda, Potma, Norilsk oder Taischet verschleppt worden.

Ende 1955 wurden die in der Sowjetunion befindlichen Deutschen nach Verhandlungen einer bundesrepublikanischen Regierungsdelegation unter Führung des damaligen Bundeskanzlers Konrad Adenauer amnestiert und nach Deutschland zurückgeführt.

Nahezu in jedem Gruppenprozess fällte ein SMT auch Todesurteile. Allein im Zeitraum von 1950 bis 1953 wurden über 1.000 Deutsche durch ein SMT in der ehemaligen DDR zum Tode verurteilt und später im Moskauer Butyrka-Gefängnis erschossen. Ihre Asche wurde anonym in ein Massengrab auf dem Donskoje-Friedhof verscharrt. Im Jahr 2005 wurde für diese unschuldigen Opfer dort eine Gedenkstätte eingeweiht, die der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. gestiftet hat und die von der russischen Menschenrechtsorganisation „Memorial“ betreut wird.

Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion ist die überwiegende Zahl der ehemaligen deutschen politischen Häftlinge – auch die der zum Tode Verurteilten und Erschossenen – in den 1990er-Jahren von der Hauptmilitärstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation rehabilitiert worden.

Die in der Lagergemeinschaft Workuta / GULag Sowjetunion vereinten Frauen und Männer, die sich einmal jährlich meistens in den Hauptstädten der neuen Bundesländer treffen, treten mit aller Entschiedenheit gegen jeden politischen Extremismus und für den Schutz der rechtsstaatlichen Demokratie ein. Als eine ihrer wichtigsten Aufgaben betrachten sie es, die Öffentlichkeit über die Verbrechen des Kommunismus zu informieren. Vor allem fordern sie, junge Menschen in den Schulen mittels verpflichtender Lehrpläne darüber zu unterrichten. Viele Zeitzeugen haben es sich zur Lebensaufgabe gemacht, vor Schulen und anderen pädagogischen Bildungseinrichtungen über die Verbrechen und das Unrecht des Kommunismus Auskunft zu geben. So soll Aufklärungsarbeit geleistet werden gegen jegliche Verklärung, Verharmlosung und Geschichtsrevisionismus linker Kreise, die den Kommunismus rehabilitieren möchten.

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Da die Anzahl der noch lebenden deutschen GULag-Zeitzeugen schwindet, ist die Nachwelt zunehmend auf deren Nachlässe angewiesen, um sich über das Ausmaß der Verbrechen der kommunistischen Diktatur ein Bild zu machen. Auf der Website der Lagergemeinschaft www.workuta.de werden Lebensläufe ehemaliger GULag-Häftlinge mit Dokumenten, die vom Unrecht der kommunistischen Gewaltherrschaft zeugen, festgehalten. Erinnerung braucht Namen und Gesichter. Nur so können die Opfer des kommunistischen Terrors dem Vergessen entrissen und im nationalen Gedächtnis verortet werden.

Kontakt

Ehrenvorsitzender: Horst Schüler (†)

Vorsitzender: Stefan Krikowski, Berlin
Tel.: 030 - 78 71 48 18

Bildnachweis

Bilder: Stefan Krikowski

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