KGB-Gefängnis Potsdam: Diffamierung zurücknehmen!

GEDENK- UND BEGEGNUNGSSTÄTTE EHEMALIGES KGB-GEFÄNGNIS POTSDAM e.V.

VORSTAND
www.kgb-gefaengnis.de

Gedenkstättenverein c/o Dr. Richard Buchner
Kontakt: Buchner@uokg.de

Potsdam, den 27.03.2012

Presseerklärung: Rücknahme der Diffamierung des Potsdamer Gedenkstättenvereins Leistikowstr.

Sehr geehrter Herr Staatssekretär Gorholt,
sehr geehrte Frau Dr. Rogall (Staatskanzlei des Ministerpräsidenten),
sehr geehrter Herr Prof. Morsch,
sehr geehrte Frau Dr. Reich,

die Presseinformation von Dr. Seferens zu dem Vorfall in der Leistikowstraße 1 vom 23. März 2012 enthält pauschale Fehlinformationen, Unterstellungen und Diffamierungen unseres Vereins. Der Vorstand des Vereins Gedenk- und Begegnungsstätte ehemaliges KGB-Gefängnis Potsdam, e.V. verwahrt sich aufs Schärfste gegen solche verunglimpfenden Darstellungen und fordert die öffentliche Zurücknahme der Darstellung, mit der der Verein quasi als für die Gesellschaft gefährlich und gewaltbereit gebrandmarkt wird, dadurch dass er seine Mitglieder angeblich entsprechend aufwiegeln würde.

In der Anlage sende ich Ihnen unsere öffentliche Stellungnahme (Dr. Buchner – Kaltenbach) vom 26. März  2012. Die Presseinformation von Dr. Seferens vom 26. März 2012 missachtet den Grundsatz eines rationalen Dialogs. Wenn dort von jahrelangen gezielten Angriffen, die auf Repräsentanten der Gedenkstätte und der Treuhandstiftung zielten, die Rede ist, dann muss man das Propaganda und Desinformation und einen bemühten Versuch zu einer sachwidrigen Eskalation nennen.

Herr Dr. Seferens nennt das Engagement der Vereine und Personen, das auf die Umsetzung des Satzungszwecks der Stiftung (§ 2) gerichtet ist „Angriffe“. Es ist jedoch das gute Recht der ehemaligen Häftlinge und anderer Personen, Mahnwachen abzuhalten und andere Protestaktionen durchzuführen. Auch das Mittel der Satire darf eingesetzt werden, um die politische Bildung und das demokratische Staatswesen zu fördern, was im Übrigen explizit zum Auftrag der Gedenkstätte gehört.

Gerade Herr Staatssekretär Gorholt weiß genau, dass eine Zusammenarbeit in der Zeit des „Interimsbetriebs“ am Verhalten von Frau Dr. Reich und/oder an dem seines Ministeriums scheiterte und nicht an der fehlenden Bereitschaft unseres Vereins. Die von seiner Mitarbeiterin Frau Dr. Haustein entworfene Kooperationsvereinbarung für diese Zeit wurde ohne Angabe von Gründen plötzlich zurückgezogen. Bis zu unserer Jubiläumsveranstaltung am 30. Mai 2010 (vgl. www.kgb-gefaengnis.de) war der Zweck der Einrichtung mangels Kennzeichnung nicht einmal öffentlich erkennbar. Auf unser weiteres Kooperationsangebot mit Vertragsentwurf vom 09.12.2010, das auch eine Lizensierung der von uns erstellten Zeitzeugeninterviews beinhaltete, wurde nicht substantiell eingegangen. Vielmehr hat Frau Dr. Reich unter Verzicht auf wichtige Zeitzeugen wie Bodo Platt oder Dr. Hans-Günter Aurich eine ihr ausreichend erscheinende Anzahl anderer Zeitzeugen als Quellen herangezogen. Das ist nicht nur menschlich, sondern auch wissenschaftlich inkorrekt. Die Literatur mit Berichten von ehemaligen Häftlingen der Leistikowstraße wurde allenfalls rudimentär in der Gedenkstätte ausgelegt.

Die grundlegende Dokumentation und Ausstellung „Von Potsdam nach Workuta“ wurde  ungeachtet besonderer dafür zur Verfügung gestellter Finanzmittel erst vor kurzer Zeit und nur für kurze Zeit auf einem kleinen Laptop in der Gedenkstätte präsentiert. In einem Interview mit der PNN (PNN vom 26.03.2012) heißt es, das von dem Verein MEMORIAL zur Verfügung gestellte Material sei ein wichtiger Grundstock gewesen. Weshalb wird hier nicht die Gelegenheit genutzt, auf die jahrelang im Hause präsentierte Ausstellung und die Dokumentation zu verweisen, für die Herr Ministerpräsident Platzeck das Geleitwort geschrieben hat?
Weshalb gibt es keinen Hinweis darauf, dass diese Arbeiten aktualisiert wurden und bei MEMORIAL Deutschland im Internet abrufbar sind? Dabei sind dies die Inkunabeln der ganzen Einrichtung, ohne die es vermutlich gar nicht zu deren Institutionalisierung gekommen wäre, und das bei Kosten von ca. 30.000,00 DM. Weshalb musste unser Verein Zeitzeugengespräche in den Räumen der Villa Quandt veranstalten?

Die vorstehende Zusammenstellung ist nicht erschöpfend, die Entwicklung der „Neuen Ausstellung“ und andere Aspekte der Arbeit des Beirats und des Kuratoriums wollen wir an dieser Stelle erst gar nicht vertiefen.

Zuvor hatte der Pressesprecher Dr. Seferens in einer E-Mail von einer „Zersetzungskampagne“ seitens der Zeitzeugen gesprochen. Ein promovierter Fachkollege (Zeithistoriker) muss wissen, dass er damit einen Nazi-Begriff gegen uns verwendet. Dieser Nazi-Begriff wird nicht dadurch geadelt, dass er auch zum Vokabular der SED-Propaganda und der STASI-Kampagnen gehört hat. In einer Demokratie haben Nazi-Begriffe und STASI-Jargon nichts verloren. Damit und nun auch noch mit seiner Pressemitteilung hat Herr Dr. Seferens eindrucksvoll demonstriert, dass er als Pressesprecher der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten überfordert und ungeeignet ist. Wir erwarten wenigstens eine Entschuldigung von ihm.

Offenbar ist es im Streit des Zeitzeugen mit Frau Dr. Reich zu einer Rempelei gekommen, als der 83-jährige Lothar S. sich per Augenschein überzeugen wollte, ob der Begegnungsraum in der Gedenkstätte endlich wieder frei ist. Verbal scheint er dabei ausgerastet zu sein. Das bedauern wir. Den genauen Sachverhalt des Zwischenfalls kennen wir nicht. Verletzt wurde wohl niemand. Der Vorgang sollte jedenfalls nicht überbewertet werden.

Ich persönlich möchte mich für eine behutsame Bereinigung des Vorfalls einsetzen. Denn ich habe große Zweifel, ob eine Strafanzeige mit einer – wie es scheint – überzogen dargestellten Begründung gegen einen 83-jährigen (nach dessen gerade überstandener Krankheit auf Leben und Tod) ein kluger und humaner Umgang mit einem hoch betagten Menschen ist, der sich stets und auch an dieser Stelle für das Gedenken an die Opfer der kommunistischen Diktatur eingesetzt hat.

Wir erwarten grundlegende Änderungen im genannten Sinne.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Richard Buchner, Vorstandsvorsitzender

Anlage: