Interessengemeinschaft ehemaliger politischer Brandenburger Häftlinge 1945-1989

Nach einer Anregung der Potsdamer Stasi-Landesbeauftragen Ulrike Poppe (LAKD) gründete sich 2016 die Interessengemeinschaft politischer Häftlinge in Brandenburg/H. Ein Leitungsteam aus 3 Verfolgten des DDR-Regimes wurde gewählt: Michel M. Schulz, Jürgen Sydow, Manfred Springer. Im Zuchthaus Brandenburg-Görden wurden in der DDR „Langstrafler“ inhaftiert (über 5 Jahre Strafe), die Gründe Politischer darunter hatte Dr. Leonore Ansorg früh wissenschaftlich erforscht.
Mit einem 1. Treffen von ehemaligen politischen Häftlingen an ihren Zwangsarbeitsort im Stahlwerk Brandenburg/Havel, heute Industriemuseum. Ende Mai 2016 folgte ein 2. Treffen im Mai 2017.

Das Gefängnis in Brandenburg-Görden wurde 1945-1989 auch als Haftanstalt für politische Gefangene genutzt. Unter den jährlich bis zu 1.900 Gefangenen wurden unter aggressiven Kriminellen auch 546 Andersdenkende als „Staatsverbrecher“ eingesperrt, darunter 122 Flüchtlinge mit „Passvergehen“. 1989 waren polit. noch 15%.
Die besondere Situation dort war die mit ausschließlich Haftstrafen über 5 Jahren, meist für „Straftaten gegen die staatliche Ordnung“, war bezeichnend durch viele strenge Arreststrafen. Mehr als im Zuchthaus Cottbus, wo politische Häftlinge mit unter 5 Jahren Haft vor dem Freikauf untergebracht wurden. Seit 1951 wurden in der sozialistischen DDR auch politische Gefangene und Flüchtlinge als „Kriminelle“ bezeichnet. Die Haftanstalt an der Havel mahnt uns heute als authentischer Ort von DDR-Repression mit besonders harten Haftbedingungen.

2016 versammelten sich 45 Teilnehmer nach einem Aufruf der „Interessengemeinschaft ehemaliger politischer Brandenburger Häftlinge 1945-1989“ im Industriemuseum Brandenburg/H. Dort im ehemaligen Stahlwerk, wo frühere Häftlinge und Teenager des Jugendwerkhofs Lehnin Haftzwangsarbeit leisten mussten, begannen Betroffene, Zeitzeugen und Fachhistoriker mit Gesprächen über das Unrecht in Ostdeutschland, speziell in Brandenburg der DDR.
Symbolisch wurden Gedenktafeln und Kränze aufgestellt für Michael Gartenschläger (1965 lebenslang wegen Wandmalereien wie „Freie Wahlen!“). Beim Abbau von Selbstschussanlagen 1976 wurde der 32jährige von Grenzsoldaten und Geheimdienst erschossen.
Fachvorträge von Prof. Dr. Erardo C. Rautenberg, damals Generalstaatsanwalt von Brandenburg, beschrieb die Brutalitäten des Strafvollzugspersonals. Jurist Dr. Wasmuth heutige Defizite in den Rehabilitierungsgesetzen, Häftling Prof. Dr. Dr. Roland Garve als Arzt menschenverachtende Praktiken im Haftkrankenhaus, wo oft Totschläger als Krankenpfleger eingesetzt wurden.

Der Historiker Dr. Christian Sachse beschrieb „Die Verweigerung von Menschenrechten macht krank“, was Pf. Bernd Wittchow vom Diakonisches Werk Oderland-Spree mit Beispielen untermauerte. Der pol. Häftling und Bauingenieur Jürgen Sydow forderte die Einhaltung des Menschenrechts auf Gesundheit auch für traumatisierte Häftlinge.
Ende Mai 2016 legten dann 10 politische Häftlinge an der kleinen Gedenkmauer am Eingang der heutigen JVA Brandenburg/H. vier Kränze nieder. Dem heutigen Gefängnispersonal wurde eine Gedenktafel aus Acryl überreicht zum Anbringen im Aufenthaltsraum, damit nie wieder systematische Übergriffe auf Häftlinge geschehen. Ein 2. Häftlingstreffen am gleichen Ort im Mai 2017 bekräftigte dies. Inzwischen sind viele Brandeburger Zeitzeugen politischer Willkür im DDR-Unrechtsstaat vergessen oder hatten Unfälle.

Vortrag von Dr. Johannes Wasmuth:
Defizite und Aufgaben der straf- und verwaltungsrechtlichen Rehabilitierung

Kontakt

Jürgen Sydow
zistesee@gmx.de

Bildnachweis

Alle Bilder: Interessengemeinschaft ehemaliger politischer Brandenburger Häftlinge 1945-1989