Wahlprüfsteine zur Bundestagswahl 2017

Wie vor jeder Bundestagswahl gibt die UOKG nach einer Diskussion mit den Verbänden ihre Wahlprüfsteine heraus. Formuliert haben wir 28 Fragen an die Kandidaten. Ihre Antworten sollen allen Betroffenen helfen, beim Ausfüllen der Wahlzettel auch das Kreuz an der richtigen Stelle zu machen.

Für Sie, liebe Leser, ergibt sich die Möglichkeit, die Kandidaten Ihres Wahlkreises selbst zu prüfen. Drucken Sie sich die Wahlprüfsteine aus und schicken Sie sie an die Kandidaten Ihrer Wahl. Oder verabreden Sie ein Gespräch, in dem Sie die wichtigsten Fragen persönlich stellen.

Die Wahlprüfsteine sind auch abgedruckt im Stacheldraht Nr. 2/2017.

28 Wahlprüfsteine der UOKG zur Bundestagswahl  2017

Lage der Opfer der SED-Diktatur

1. Welche politischen Entscheidungen auf Bundesebene halten Sie in der nächsten Legislaturperiode für nötig, um die Lage der Opfer der SED-Diktatur zu verbessern?

Rehabilitierungsgesetze

2. Werden Sie sich dafür einsetzen, die Befristungen der Rehabilitierungsgesetze hinsichtlich der Antragstellungen auf den 31. Dezember 2019 zu verändern? Schlagen Sie die Beibehaltung der Frist, eine Entfristung oder eine neue Antragsfrist vor?

3. Welche Möglichkeiten und Notwendigkeiten sehen Sie, die Verfahren zur Rehabilitierung opferfreundlicher zu gestalten (z.B. Recht auf mündliche Anhörung, Beweiserleichterungen, Verpflichtung der Gerichte zur eingehenden Recherche unter möglicher Mitarbeit der Betroffenen)?

4. Welche Opfergruppen politischer Repression sind nach ihrer Kenntnis noch nicht durch die derzeitigen Rehabilitierungsgesetze erfasst und in welcher Weise wollen Sie für welche Gruppe Abhilfe leisten?

Opferpension, versorgungsrechtliche Ansprüche, Entschädigungen

5. Halten Sie es für sinnvoll, die Kriterien für die Erlangung der Opferpension gesetzlich neu zu definieren und gegebenenfalls auszuweiten?

6. Werden Sie sich dafür einsetzen, die 180-Tage-Regelung nach § 17 a StrRehaG zugunsten besonders Geschädigter zu verändern?

7. Werden Sie sich dafür einsetzen, die Bedürftigkeitsklausel zur Erlangung der Opferpension und der Ausgleichsleistung zu verändern (z.B. Anhebung des Eckregelsatzes, Staffelung, Umwandlung in eine echte Ehrenpension ohne Bedürftigkeitsprüfung)?

8. Was werden Sie unternehmen, damit verfolgungsbedingte Schädigungen aus der SED-Diktatur in versorgungsrechtlichen Verfahren präziser erfasst und angemessener berücksichtigt werden (Veränderungen der Begutachtungsverfahren, Einrichtung eines Pools zertifizierter und qualifizierter Gutachter, Beweislastumkehr, Regelvermutung zugunsten der Betroffenen, Ablehnung MfS-belasteter Gutachter)?

9. Welche Initiativen werden Sie ergreifen, damit Politik und Wirtschaft die Zwangsarbeit von politische Häftlingen sowie Insassen von Jugendwerkhöfen entschädigen?

10. Welche Schritte werden Sie unternehmen, um die neu entstandenen Benachteiligungen für Übersiedler und Flüchtlinge aus der DDR in die Bundesrepublik im Rentenrecht zu beseitigen?

11. Was gedenken Sie für die Opfer der sogenannten Bodenreform zu tun?

12. Was werden Sie tun, um die ungleiche Behandlung zwischen politisch verfolgten Schülern, die vor der Wiedervereinigung in den Westen kamen, und politisch verfolgten Schülern, die nach 1990 ihren Berufswunsch verwirklichten, zu beseitigen (§ 60 BAföG)?

Psychosoziale Lage der Opfer

13. Welche Möglichkeiten sehen Sie, die Bearbeitung von Fällen insbesondere für besonders stark geschädigte und in hohem Alter stehende Opfer unbürokratisch zu beschleunigen?

14. Welche politischen Schritte halten Sie für notwendig, um eine spezialisierte psychosoziale Beratung, Therapie und medizinische Versorgung für Opfer der SED-Diktatur innerhalb und außerhalb der Regelsysteme zu verbessern?

15. Welche Problemfelder sehen Sie, die auch nach der erfolgreichen Auszahlung des Heimfonds Ost weiter wirken werden? Was werden Sie dagegen tun?

16. Werden Sie sich dafür einsetzen, dass Beratungsinitiativen deutschlandweit finanziell stabil und langfristig finanziert werden (z.B. Beratungsstelle für politisch Traumatisierte der SED-Diktatur Gegenwind, Beratungsstellen der UOKG)?

Mahnen, Erinnern und Gedenken

17. Was werden Sie unternehmen, damit in der nächsten Legislaturperiode das lange geforderte nationale Mahnmal für die Opfer kommunistischer Gewaltherrschaft errichtet wird? Gibt es hierzu schon konkretere Pläne Ihrer Partei?

18. Werden Sie sich dafür einsetzen, dass Gedenkstätten mit nationaler Bedeutung stabil und ausreichend gefördert werden (z.B. Bautzen, Hohenschönhausen, Hoheneck, Kaßberg, Mauergedenkstätte, Stasi-Museum Berlin)?

19. Mit welchen Initiativen unterstützen Sie den vom Europäischen Parlament ausgerufenen europaweiten Gedenktag an die Opfer aller totalitären Regime jeweils am 23. August?

20. Sollte nach Ihrer Auffassung das demonstrative Zurschaustellen von Symbolen der Unterdrückung, Repression und Menschenverachtung aus der Zeit der SED-Diktatur verboten werden (z.B. Kundgebungen in Uniformen des MfS)?

Institutionen und Initiativen

21. Welche Möglichkeiten sehen Sie auf Bundesebene, die regionalen Aufarbeitungsinitiativen in ihrer Eigenständigkeit, Vielfalt und Multiperspektivität finanziell stärker zu fördern (z.B. Menschenrechtszentrum Cottbus, Häftlingsinitiative Naumburg, Geschichtswerkstatt Jena, Bürgerkomitees u.a. in Leipzig, Magdeburg, Schwerin, Erfurt, Dresden)?

22. Werden Sie sich dafür einsetzen, dass Institutionen der DDR-Aufarbeitung und Opfervertretungen von nationaler Bedeutung finanziell langfristig und stabil gefördert werden (z.B. Robert-Havemann-Gesellschaft, Gedenkstätte Geschlossener Jugendwerkhof Torgau, UOKG)? Welche sollten das zusätzlich sein?

23. Auf welche Weise und mit welchem Konzept werden Sie sich für die weitere Existenz des Stasi-Unterlagen-Archivs und des Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen einsetzen?

24. Welche Schritte halten Sie auf Bundesebene für möglich, die SED-Diktatur im Bereich der universitären Forschung sowie schulischen und politischen Bildung zu verankern?

Verbesserte Akteneinsicht

25. Was werden Sie unternehmen, um die Einsicht von Bürgern in die Unterlagen des MfS dauerhaft zu sichern, Fristen zu verkürzen und den Umfang der Einsichtnahme mindestens zu erhalten?

26. Halten Sie es für nötig, für den dauerhaften Erhalt der Stasi-Akten besondere Investitionen zu tätigen (Archive mit besonderer technischer Ausstattung wie Klimaanlagen, Rekonstruktion zerrissener Aktenbestände, Verbesserung der personellen Ausstattung)?

27. Halten Sie es für sinnvoll, auch in Ansehung datenschutzrechtlicher Probleme weitere Aktenbestände zur Einsicht freizugeben, wenn dies der Aufklärung persönlicher Schicksale dient (z.B. Verfolgungsakten der leiblichen Eltern bei Zwangsadoptionen)?

28. Werden Sie sich dafür einsetzen, bestimmte Aktenbestände, die sonst vernichtet würden, dauerhaft zu erhalten, sofern ein Aufklärungsinteresse besteht (Akten der Jugendhilfe, Patientenakten, Kaderakten von Volkseigenen Betrieben)?

Anlage: