Der Dachverband der SED-Opfer hat einen neuen Vorstand

Die Mitgliederversammlung der Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft (UOKG) hat am vergangenen Wochenende in Berlin einen neuen Bundesvorstand gewählt. Dabei wurde der bisherige UOKG-Bundesvorsitzende Rainer Wagner mit großer Mehrheit in seinem Amt bestätigt.

Zu stellvertretenden Bundesvorsitzenden wurden Roland J. Lange und Ernst-O. Schönemann gewählt. Neue Beisitzer im Bundesvorstand sind Anita Goßler, Katrin Behr, Rainer Schneider und Michael Schulz.

Der neue Vorstand wird zum 1. Januar 2012 seine Arbeit aufnehmen.

Der Bundesvorsitzende Rainer Wagner dankte den ausgeschiedenen Bundesvorstandsmitgliedern Theodor Mittrup, Siegmar Faust, Dr. Richard Buchner und Lothar Scholz für ihren Einsatz und ihr Engagement.

UOKG-Vorsitzender Rainer Wagner: „Eine gelungene Veranstaltung“

Am gestrigen Dienstag hat der Dachverband der SED-Opfer in Kooperation mit der Agentur „ANHALTend“ im Haus der Bundespressekonferenz in Berlin eine Podiumsdiskussion zum Thema „Bevor wir uns versöhnen – über das Verhältnis zwischen Tätern und Opfern des SED-Regimes im Jahr 2011“ veranstaltet.

Podiumsteilnehmer waren die Landesbischöfin der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, Ilse Junkermann, der Vorsitzende des Dachverbands, Rainer Wagner, die Beauftragte des Landes Brandenburg zur Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen, Ulrike Poppe sowie  Stephan Hilsberg, Bürgerrechtler und MdB a.D. Moderiert wurde die Diskussion von Tobias Lehnert von der Agentur „ANHALTend“.

Der Vorsitzende des Dachverbands zeigte sich mit dem Verlauf der gut besuchten Diskussion zufrieden:

“Eine gelungene Veranstaltung. Trotz Differenzen im Einzelnen gab es doch im Großen und Ganzen einen Konsens Die Podiumsteilnehmer vertraten in unterschiedlicher Form die Auffassung, dass Vergebung im Einzelfall nötig und möglich sei – auch ohne Einsicht des Täters. Für eine Versöhnung auf gesamtgesellschaftlicher Ebene gibt es allerdings keinen Nährboden.
Solange die Täter keinerlei Entwicklung zeigen, solange sie nach wie vor ihre Taten verschweigen oder sogar rechtfertigen, ist der Ruf nach Versöhnung letztlich nur der Ruf nach einem Schlussstrich unter die Aufarbeitung. Dafür ist die Zeit aber noch lange nicht reif.“

Weiterhin würdigte Wagner, dass Frau Junkermann die Einladung des Dachverbands  angenommen hat.

Die Landesbischöfin war in den letzten beiden Jahren immer wieder wegen ihrer Äußerungen zum Thema Versöhnung in Kreisen von Opfern der SED–Diktatur in die Kritik geraten. Diese aber, so Junkermann auf Nachfragen des Moderators, würde sie heute anders tätigen.

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Eine persönliche Anmerkung: Versöhnung ohne Reue der Täter nein. Individuelle Vergebung ist möglich. Vergebung ist die Grundlage des christlichen Glaubens und unserer abendländischen Kultur. Jesus Christus betete noch am Kreuz für seine Mörder.  Gnadenlos waren die Kommunisten und ihre Seelenverwandten, die Nazis. R.W.

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Hintergrund: Die Landesbischöfin in der Evangelischen Akademie Thüringen

Dachverband der SED-Opfer über Hoheneck-Film „Es ist noch nicht vorbei“:
Freude über die Ausstrahlung, Enttäuschung über die Mitwirkung eines ehemaligen
Stasi-IM

Am 9. November wird in der ARD der Fernsehfilm „Es ist nicht vorbei“ über das DDR-Frauengefängnis Hoheneck ausgestrahlt. In dem Film wirkt auch der Berlin Schauspieler Ernst-Georg Schwill mit. Er spielt den ehemaligen Stasi-Offizier Weihe. Schwill kennt sich gut aus mit der Staatssicherheit – schließlich war er von 1964 bis 1973 inoffizieller Mitarbeiter.

Hierzu Anita Gossler, Vorstandsmitglied des Dachverbands und selbst ehemalige Insassin
in Hoheneck:

“Wir freuen uns sehr und sind der ARD dafür dankbar, dass unser Schicksal in der Prime Time am Mittwoch Abend thematisiert wird. Wir freuen uns auch darüber, dass hierdurch die
grauenhaften Zustände in dem Frauengefängnis einem breiten Publikum nahe gebracht
werden.

Dass aber ausgerechnet in diesem Film ein ehemaliger Stasi-Mann mitspielen muss, finden wir doch sehr irritierend. Eine unnötige Taktlosigkeit, welche unsere Freude etwas trübt.“

Rainer Wagner, Bundesvorsitzender des Dachverbands der SED-Opfer, ergänzt:

“Ein ehemaliger Stasi-Mann spielt einen ehemaligen Stasi-Mann. Auch wenn wir es begrüßen, dass die Verbrechen des SED-Staates realistisch dargestellt werden – das geht dann doch
etwas zu weit. In der Aufarbeitung der Verbrechen der ehemaligen DDR – und dieser Film ist ein Beitrag dazu – haben die Handlanger des MfS nichts zu suchen.“

 

SED-Opfer reagieren mit Erleichterung

Der Dachverband der SED-Opfer, die Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft (UOKG) begrüßt die heute im Bundesrat verabschiedete Reform des Stasi-Unterlagengesetzes. Bis zuletzt war nicht klar, ob das Gesetz wegen einer umstrittenen Klausel zur Versetzung von ehemaligen MfS-Mitarbeitern in der Jahn-Behörde den Bundesrat passieren würde.

Der UOKG-Bundesvorsitzende Rainer Wagner erklärt:

„Wir freuen uns sehr, dass die Novelle nun den Bundesrat passiert hat. Dies ist ein Zeichen dafür, dass die Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit auf einem guten Weg voranschreitet. Es ist dem Bundesrat hoch anzurechnen, dass er dieser Aufarbeitung nicht im Weg steht.

Die Regelung zur Versetzung ehemaliger MfS-Mitarbeiter ist fair, sozial ausge­wogen und rechtsstaatlich korrekt. Es ging hier niemals um Rache – es ging darum, einen gerechten Ausgleich zwischen den jeweiligen Interessen zu finden. Dies ist mit der Novelle in einer ordentlichen Weise gelungen. Am Beispiel der gefundenen Lösung zeigt sich deutlich, wie sehr sich die bundesdeutsche Demokratie vom Umgang der DDR mit ihren Gegnern unterscheidet.“

HINTERGRUND: 17.000 Stasi-Beamte in ostdeutschen Behörden (Stern)

Dachverband der SED-Opfer appelliert an die Ministerpräsidenten

Am kommenden Freitag, dem 4. November 2011, wird die vom Bundestag verabschiedete Novelle des Stasi-Unterlagengesetzes im Bundesrat behandelt. Eine Zustimmung des Bundesrats gilt nicht als gesichert. Insbesondere umstritten ist die Regelung, nach welcher ehemalige MfS-Mitarbeiter nicht mehr in der Behörde arbeiten dürfen und daher bei gleichen Bezügen auf gleichwertige Dienstposten in anderen Bundesbehörden versetzt werden sollen.

Der Vorsitzende des Dachverbandes der SED-Opfer, Rainer Wagner, hat sich in der letzten Woche an die Ministerpräsidenten aller 16 Bundesländer gewandt. Er appellierte an die Ministerpräsidenten, dem Gesetz zuzustimmen.

Hierzu Rainer Wagner:

“Das Stasi-Unterlagengesetz darf nicht an dieser Frage scheitern. Die Versetzung der ehemaligen Stasi-Mitarbeiter ist richtig und wichtig. Die Regelung ist sozial ausgewogen und rechtsstaatlich korrekt. Die Mitarbeiter haben hierdurch keinerlei Nachteile.

Scheitert das Gesetz im Bundesrat, wäre dies ein fatales Signal. Es würde den Eindruck verstärken, dass die Pfründe der Stasi-Täter und ihrer Zuträger in unserer Gesellschaft einen höheren Stellenwert haben als die Empfindungen ihrer Opfer.“

Den Brief an die Ministerpräsidenten finden Sie auf der Homepage www.uokg.de unter dem Button „Presseerklärungen

Kontakt für Rückfragen: UOKG-Geschäftsstelle, 030 / 55 77 93 -51, -52, -53

Aus dem Appell der SED-Opfer an die Ministerpräsidenten vom 24.10.2011
zur geplanten Novelle des Stasi-Unterlagengesetzes

Sehr geehrte Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Bundesländer,
sehr geehrte Bürgermeister der Stadtstaaten,

als Bundesvorsitzender des Dachverbands der SED-Opfer appelliere ich an Sie, die geplante Novelle des Stasi-Unterlagengesetzes nicht an der Frage der noch in der Stasi-Unterlagenbehörde beschäftigten MfS-Mitarbeiter scheitern zu lassen.

Dies wäre ein fatales Signal an die Opfer des SED-Regimes.

Ich möchte Sie bitten, sich einmal in unsere Lage, in die Lage der Opfer des schrecklichen SED-Machtapparats hineinzuversetzen:

Das MfS hat uns wegen unseres Freiheitswillens ins Gefängnis geworfen, drangsaliert, gedemütigt, gefoltert und gegängelt. Es hat unsere Biographien, unsere Seelen, teilweise auch unsere Leben zerstört. Die meisten Opfer leiden noch heute unter den Maßnahmen der Staatssicherheit, welche Wunden hinterlassen haben, die unlöschbar in unseren Seelen gespeichert bleiben.

(…) Wir müssen aktuell mit ansehen, wie die Helfershelfer der Täter zu Opfern stilisiert werden. Und warum? Nur, weil sie per Gesetz in gleichwertige Stellen in anderen Behörden versetzt werden sollen! Zu gleichen Bezügen, ohne dass sich ihr gesellschaftlicher Status verändert.

Können Sie sich vorstellen, dass aus unserer Sicht hier etwas aus dem Ruder läuft? Dass die Maßstäbe in dieser Gesellschaft sich verschieben? Wie ist es wohl für jemanden, den nach Jahrzehnten immer noch jede Nacht Alpträume wegen des damaligen Stasi-Verhörs plagen, wenn er hört, dass sich weite Teile der Politik nur für die Handlanger der Täter einsetzen. Wenn er aus bestimmten Kreisen immer wieder hört, dass nun endlich ein Schlussstrich gezogen werden soll. Kann er sich von der Politik ernst genommen fühlen?

Um diese Schieflage zu beseitigen, ist diese Gesetzesänderung notwendig.
Bitte denken Sie nicht, dass uns die Probleme, die mit der Gesetzesänderung verbunden sind, nicht bewusst sind. Uns ist klar, dass es sich bei den betroffenen Mitarbeitern vor allem um niedere Chargen handelt. Uns ist auch klar, dass die betroffenen Mitarbeiter bereits seit zwanzig Jahren unbeanstandet in der Behörde tätig sind.

Wir wollen keine Rache.

Wir wollen lediglich, dass die Behörde, die unsere Akten, unsere Schicksale verwaltet, nun endlich in Gänze frei von Stasi-Mitarbeitern wird. Ich denke, dieser Wunsch dürfte nachvollziehbar sein.
Wir wollen eine ausgewogene, sozialverträgliche Lösung des Problems, welche die Interessen der betroffenen Mitarbeiter ebenso berücksichtigt wie unsere, die Interessen der Opfer, die Interessen derjenigen, für die das Stasi-Unterlagengesetz letztlich geschaffen wurde.

Wir halten den vorliegenden Gesetzesentwurf für eine ausgewogene Lösung. Es ist ja nicht so, dass die Mitarbeiter einfach auf die Straße gesetzt werden sollen, obgleich in der Öffentlichkeit aufgrund der Vehemenz der Verteidiger ein solcher Eindruck entstanden ist.

Nein, die Mitarbeiter sollen ja lediglich in gleichwertige Stellen in anderen Bundesbehörden versetzt werden. Sie müssen dadurch keine materiellen Einbußen oder sonstige Nachteile in Kauf nehmen. Auf der anderen Seite können wir Opfer sicher sein, dass derjenige, dem wir an der Pforte unseren  Personalausweis zeigen, garantiert kein Stasi-Mann ist.

Wir appellieren an das Verantwortungsbewusstsein der Bundesländer, das dringend benötigte Gesetz nicht im Bundesrat scheitern zu lassen. Es wäre ein Rückschritt in der Aufarbeitung und tatsächlich, wie Roland Jahn es ausgedrückt hat, ein Schlag ins Gesicht der Opfer.

Die Länder sollten sich nicht zu denjenigen gesellen, welche die Pfründe der Stasi-Mitarbeiter verteidigen.

Wir appellieren an Sie, in dieser Debatte endlich auch einmal die Stimme der Opfer zu hören.
Wir appellieren an Sie, die Maßstäbe dieser Gesellschaft wieder zurechtzurücken.

Mit freundlichen Grüßen

gez. Rainer Wagner
Bundesvorsitzender der
Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft