Die UOKG begrüßt den Vorstoß der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM) für Anerkenunngsverfahren von DDR-Unrecht 500.000 Euro zur Verfügung zu stellen. Die EKD und die anderen Landeskirchen solten diesem positiven Beispiel folgen!

Die EKM hatte gestern am 26. Mai 2021 die folgende Pressemitteilung heruasgegeben:

EKM stellt sich kirchlichem Handeln während der SED-Diktatur

Opfer können sich ab sofort an Ombudsperson wenden

Die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland (EKM) übernimmt Verantwortung gegenüber Opfern von kirchenleitendem Handeln während der SED-Diktatur. Dafür hat der Landeskirchenrat ein Anerkennungsverfahren initiiert für Personen, die aus politischen Gründen drangsaliert wurden und in ihren Kirchen disziplinarisch belangt oder die durch Verrat aus kirchlichen Kreisen inhaftiert, gedemütigt, traumatisiert oder zur Ausreise gedrängt wurden.

Als Ombudsperson, mit deren Unterstützung die Anträge zu stellen sind, wurde Hildigund Neubert beauftragt. Die Anerkennungsentscheidungen erfolgen durch einen Anerkennungsausschuss. Anträge können bis 30. April 2023 gestellt werden.

 „Die Kirchen haben während der SED-Diktatur einer staatlichen Vereinnahmung widerstanden. Aber kirchenleitendes Handeln war nicht immer unabhängig von staatlichen Einflüssen und politischen Rücksichtnahmen. Es gab Entscheidungen, die durch staatliche Stellen, unter anderem durch die Staatssicherheit, beeinflusst waren“, erklärt Oberkirchenrat Christian Fuhrmann, Gemeindedezernent der EKM.
„Davon waren Personen betroffen, die haupt- oder ehrenamtlich für die Evangelisch-Lutherischen Kirche in Thüringen sowie der Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen tätig waren. Die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland wendet sich als Rechtsnachfolgerin der beiden Vorgängerkirchen an Mitarbeitende, die der SED-Diktatur gegenüber kritisch eingestellt waren und in Situationen persönlicher Bedrängnis von ihrer Kirche allein gelassen oder gar diszipliniert wurden.“

Formen der Anerkennung erlittenen Unrechts können die formale Feststellung des Unrechts, eine einmalige Anerkennungsleistung beziehungsweise eine öffentliche Anerkennung und Würdigung sein. Für das Anerkennungsverfahren wurde im Haushalt ein Budget in Höhe von 500.000 Euro eingestellt. Dieser Finanzrahmen orientiert sich an vergleichbaren Verfahren.

Mehr Informationen und der Kontakt zur Ombudsperson unter: www.ekmd.de/service/anerkennung-ddr-unrecht/

Mit großer Betroffenheit teilen wir Ihnen mit, dass am 4. Mai 2021 unsere Kollegin Carola Schulze leider verstorben ist. Für Sonntag, den 9. Mai 2021, wurde im Tagesspiegel die im Anhang befindliche Traueranzeige geschaltet.

Die UOKG bedankt sich herzlich bei den sehr vielen Beileidsbekundungen aus Institutionen, Vereinen, Initiativen und den vielen Betroffenen, die Frau Schulze über teils viele Jahre hinweg begleitet hat.

In der Folge lesen Sie den ausführelichen Nachruf, welcher in der Ausgabe 4 vom „der stacheldraht“ gedruckt wurde:

„Unsere Kollegin Carola Schulze ist am 4. Mai dieses Jahres im Alter von 52 Jahren gestorben.

Sie wuchs in Frankfurt/Oder auf, liebte die Oder-Landschaft und blieb ihr immer verbunden. 1987 begann sie ein Studium der Altertumswissenschaft und studierte ab 1990 weiter Germanistik, Religionswissenschaft und Polonistik. Nach ihrem Hochschulabschluß arbeitete sie u.a. in Polen als Deutschdozentin.

Zur UOKG kam Carola 2008, wo sie zunächst Mitarbeiterin des damaligen Geschäftsführers Detlef W. Stein wurde, später wechselte sie zur sozialen Beratung, in der sie bis zu ihrem Tod tätig war. Ein kurzes Zwischenspiel führte sie 2015/16 nach Potsdam zur Landesbeauftragten für die Aufarbeitung der kommunistischen Diktatur. Dort war sie zuständig für den Härtefallfonds und schrieb anschließend ein Buch über den Schauspieler, Regisseur, Intendanten und Autor Ralf-Günter Krolkiewicz, der auch im Alter von 52 Jahren verstorben war. Leider ist das kleine Werk bis heute nicht veröffentlicht, es gibt aber Hoffnung, daß das nun geschieht.

Neben der sozialen Beratung, die eigentlich anstrengend und zeitintensiv genug war, hat Carola zahlreiche UOKG-Kongresse und –Veranstaltungen organisiert und anschließend die Redaktion der entsprechenden Broschüren übernommen. Von 2018 bis 2019 war sie, ebenfalls nebenbei, Geschäftsführerin der Internationalen Assoziation ehemaliger politischer Gefangener und Opfer des Kommunismus.

Gebraucht und geliebt wurde sie aber von den Betroffenen vor allem in der sozialen Beratung. Als anteilnehmender, sanftmütiger, freundlicher und zugewandter Mensch opferte sie sich für die Ratsuchenden immer wieder auf. Beharrlich, wenn es um die Ansprüche ehemaliger politisch Verfolgter ging, war sie spezialisiert auf die „hoffnungslosen Fälle“, von denen sie nicht wenige lösen konnte. Durch ihre langjährige Arbeit kannte sie sich besonders gut im Gewirr der entsprechenden Ämter und Behörden aus.

Ob telefonisch oder im unmittelbaren Kontakt, die Betroffenen konnten sich bei Carola erholen, schöpften wieder Hoffnung und hatten wohl oft das Gefühl einer sehr persönlichen Beziehung. Wieviel Kraft sie das kostete, sahen höchstens einmal die Kollegen.

Obwohl über die Maßen bescheiden, war sie doch sehr auf ihre Autonomie bedacht. Sie ließ sich bis zuletzt von niemandem – auch den Ärzten nicht – vorschreiben, was gut für sie war. Mit ganzer Kraft und Überzeugung hat sie bis zu ihren letzten Tagen am Leben festgehalten. Erst ganz am Ende hat sie den Griff gelöst.

Seitdem sind viele Tränen um sie geflossen, nicht nur bei den Kollegen, und viele Tränen werden noch fließen. Wir wissen nicht, ob ihr bewußt war, wie viele Menschen sie geliebt haben. Und weil dies ein Nachruf ist, rufen wir ihr nach: „Liebe Carola, danke, daß Du bei uns warst!“

Die Redaktion und die Kolleginnen und Kollegen der UOKG-Geschäftsstelle“