Wie am 2. Juni aus der Presse zu entnehmen war, wird Roland Jahn nächste Woche in seinem Amt wiedergewählt. Darauf einigten sich die Union und die SPD, wie heute der zuständige SPD-Abgeordnete und Vorsitzende des Bundestags-Kulturausschusses, Siegmund Ehrmann, mitteilte. Die hunderttausenden Opfer von SED und Stasi werden diesen Beschluss begrüßen.

Es ist ein wichtiges Signal für die Aufarbeitung der SED-Diktatur, zumal in den letzten Wochen zu befürchten war, dass man die Aufarbeitung abschließen will. „Damit hat die unerträgliche Hängepartie endlich ein Ende“, so Dieter Dombrowski.

Die UOKG fordert die Politik auf, sich stärker mit den Rechten und Bedürfnissen der Opfer der SED-Diktatur auseinander zu setzen.

HINTERGRUND: WELT | BERLINER ZEITUNG | FR | DLF | ZEIT | BStU | ARD

Landesregierung Brandenburg will Mindestlohn und Rente für Strafgefangene / Verwunderung bei SED- Opfern

Die Brandenburger Landesregierung wird, wie in der Presse berichtet. auf der nächsten Justizministerkonferenz den Mindestlohn für arbeitende Strafgefangene und Rentenansprüche beschließen lassen.
Dazu meint der Bundesvorsitzende der Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft(UOKG) Dieter Dombrowski: „Von dieser Initiative kann jeder halten, was er will. Es wird aber deutlich, wo die Politik ihre Schwerpunkte setzt.“

250.000 unschuldige SED-Justizopfer wurden in DDR-Gefängnissen mit Zwangsarbeit schamlos ausgebeutet. Viele haben für immer gesundheitliche Schäden davongetragen. Für 25 DDR-Mark mussten die politischen Häftlinge im Zuchthaus Cottbus an 6 Tagen rund um die Uhr arbeiten. Bei Nichterfüllung der Norm gab es Arrest und Nahrungsmittelkürzungen.
Bei der Deutschen Reichsbahn der DDR mussten die politischen Häftlinge die Arbeiten erledigen, die Zivilangestellte verweigerten. Die Unfallhäufigkeit lag bei den Zwangsmitarbeitern 10 Mal höher, wie die Studie der DB ergeben hat.
Entschädigungen und Anerkennung der gesundheitlichen Schäden – Fehlanzeige! So geht das demokratische Deutschland mit den Opfern der zweiten deutschen Diktatur um.

„Es wäre schön, wenn Landesregierungen und Bundesregierung den Opfern der SED-Diktatur nur einen Bruchteil der Aufmerksamkeit schenken würden wie sie rechtskräftig verurteilten Straftätern zuteil wird“, so Dombrowski.

Mecklenburg-Vorpommerns Justizministerin Uta-Maria Kuder (CDU) startet auf der Justizministerkonferenz am 1./2. Juni in Nauen (Brandenburg) eine Initiative zur Änderung des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes. „Kinder, die wegen der Inhaftierung der politisch verfolgten Eltern in ein Heim eingewiesen wurden, haben nicht automatisch Anspruch auf Rehabilitierung. Das entschied der Bundesgerichtshof. Nach geltendem Gesetz müssen Betroffene nachweisen, dass auch ihre Unterbringung im Heim aus Gründen der politischen Verfolgung erfolgte. Diese Gesetzeslücke gilt es nun zu schließen“, wird Justizministerin Kuder auf der Homepage der Regierung Mecklenburg-Vorpommerns zitiert.

„Die entstandene Rechtslage widerspricht auch dem Zweck des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes, wonach staatliches Unrecht in der DDR wiedergutzumachen ist. Das staatliche Unrecht erfasste aber nicht nur die politisch verfolgten und inhaftierten Eltern, sondern auch die Kinder. Durch ihre Heimeinweisung wurden sie selbst Opfer einer Freiheitsentziehung. Oft wurden Kinder in Sippenhaft genommen, ohne dass dies in den Akten ausdrücklich dokumentiert worden wäre. Viele Akten sind auch vernichtet. Wenn die Eltern oder andere auskunftsfähige Menschen dann nicht mehr leben, sind die ehemaligen Heimkinder praktisch nicht in der Lage, den Beweis zu erbringen, den der BGH fordert“, so Ministerin Kuder.

„Ich werde auf der Justizministerkonferenz im Juni eine Initiative starten mit dem Ziel, dass das Strafrechtliche Rehabilitierungsgesetz ergänzt wird. Eine Rehabilitierung sollte auch dann ermöglicht werden, wenn die Heimunterbringung ausschließlich deshalb angeordnet wurde, weil Eltern politisch verfolgt und inhaftiert worden waren. Die Gesetzesänderung sollte auch den Betroffenen zugute kommen, deren Antrag auf Rehabilitierung wegen der Entscheidung des BGH zwischenzeitlich rechtskräftig abgelehnt worden ist“, sagte Justizministerin Kuder weiter.

Link zum Artikel bei „Focus online“

Zeitzeuge Günther Nossol über seine Zeit als Heimkind

Der Erinnerungsort Jamlitz/Lieberose ist erneut geschändet worden. Diesmal wurde die Eingangstafel zur Freiluftausstellung durch Explosion zerstört. Bereits in der vergangenen Woche hatten Unbekannte zwei Erinnerungstafeln beschädigt.

Dieter Dombrowski, Bundesvorsitzender der UOKG, hatte sich bereits nach der letzten Schändung der Dokumentationsstätte „Die Lager Jamlitz“ vor wenigen Tagen mehr Unterstützung für Aufklärungsarbeit gewünscht: „Die Schändung von Friedhöfen und Gedenkstätten ist eine abscheuliche Straftat und muß mit aller Härte verfolgt und bestraft werden“.

Das KZ-Außenlager Lieberose in Jamlitz war von 1944 bis 1945 ein Ort der Shoah in Europa, in dem Tausende jüdische Häftlinge durch Zwangsarbeit und Massenerschießungen ermordet wurden. Auf demselben Gelände bestand das sowjetische Speziallager Nr. 6 Jamlitz von September 1945 bis April 1947. Nach sowjetischen Unterlagen durchliefen etwa 10.200 Gefangene der Besatzungsmacht dieses Lager, beinahe jeder Dritte fand dort den Tod.

Nach vorangegangenen Schändungen des benachbarten jüdischen Friedhofs Schenkendöbern in den Jahren 2014 und 2015 ist diese erneute Sachbeschädigung bereits die vierte Tat innerhalb von drei Jahren, die sich gegen die Darstellung und das Gedenken der Opfer von Jamlitz richtet. Zwischenzeitlich hat das Land Brandenburg seine Unterstützung für Freiluftausstellung, Aufklärungs- und Bildungsarbeit in Aussicht gestellt.

Link zum Artikel in der „Berliner Zeitung“

 Link zur Homepage des Erinnerungsorts Jamlitz/Lieberose

Margot Honecker, die Witwe des Ex-Staatshefs der ehemaligen DDR, Erich Honecker, ist am Freitag 89-jährig in der chilenischen Hauptstadt Santiago de Chile an den Folgen eines Krebsleidens verstorben. Dort lebte sie seit Anfang der 1990er Jahre im selbst gewählten Exil – ausgestattet mit einer deutschen Rente. Dieter Dombrowski, Bundesvorsitzender der UOKG: „Margot Honecker gehörte zu den SED Genossen, die bis zum letzten Tag keinerlei Kritik an ihrem eigenen Handeln zu gelassen haben. Die Zeit und die Entwicklung haben sie überholt und das ist gut so.“

Von 1963 bis zum Herbst 1989 war Margot Honecker Ministerin für Volksbildung in der DDR. Sie galt als kommunistische Hardlinerin und war in den Augen vieler die eigentliche Machthaberin in der ehemaligen DDR. ist. Honecker wirkte maßgeblich am „Gesetz über das einheitliche sozialistische Bildungssystem“ vom 25. Februar 1965 mit. 1978 boxte sie gegen die Kirchen, viele Eltern und Bürgerrechtler den umstrittenen Wehrkundeunterricht an den Schulen durch. Die laut Ex-Bundestagspräsident Wolfgang Thierse „meistgehasste Frau der ehemaligen DDR“ wurde wegen ihrer extravaganten, blauen Haartönung im Volksmund gerne als „Blaue Eminenz“ oder „lila Drache“ bezeichnet.

Honecker ließ sich am 2. November 1989 vom Ministerrat von ihrer Funktion als Ministerin entbinden und trat in der Folge auch aus der SED aus. Dennoch hielt sie auch nach der Wiedervereinigung eisern an ihren sozialistischen Überzeugungen fest. Der Arbeiter- und Bauern-Staat sei ihrer Meinung nach das bessere System gewesen. In einem Dokumentarfilm zum Sturz Erich Honeckers meinte sie zu den erschossenen DDR-Flüchtlingen, es sei deren eigene Dummheit gewesen, über die Mauer zu klettern. Des Weiteren leugnete sie den Schießbefehl und bezeichnete traumatisierte Opfer der Jugendwerhöfe als „bezahlte Banditen“. Auch die Stasi war in ihren Augen „legitim“.

Nach dem Mauerfall ermittelte die Staatsanwaltschaft gegen Margot Honecker wegen ihrer Verantwortung für Zwangsadoptionen von Kindern, deren Eltern wegen Republikflucht oder Spionage verhaftet worden waren. Ein entsprechender Prozess wurde 1994 aber eingestellt. Weitere Strafanträge gegen Margot Honecker wegen der unmenschlichen Zustände in Jugendwerkhöfen der Ex-DDR scheiterten, weil Honecker für die bundesdeutsche Justiz nicht mehr greifbar war. Statt dessen aber erstritt Honecker in einem Aufsehen erregenden Prozess mehrere Tauend Euro an Rentennachzahlungen vor deutschen Gerichten – sehr zum Unmut ihrer politischen Gegner und Opfer.

Die Ex-DDR-Ministerin für Volksbildung starb im Beisein ihrer Tochter Sonja und einer Krankenschwester. Sie wurde bereits am Samstag auf dem Friedhof Parque del Recuerdo in Santiago beerdigt. Zahllose Opfer ihrer Politik hatten bis zuletzt vergeblich eine Bestrafung Honeckers durch die bundesdeutsche Justiz gefordert.

Stellungnahme des Bundesvorsitzenden der UOKG Dieter Dombrowski in der Anhörung des Kulturausschusses des Deutschen Bundestages über die Empfehlungen der Expertenkommission zur Zukunft der BStU am 27.4.2016

[Die ausführliche Stellungnahme im Bundestag im Anhang]

Abschlussbemerkung: Meine Damen und Herren, was wir, die Opfer von SED und Stasi verlangen, ist nicht nur die Förderung  des Gedenkens der Bildungsarbeit, sondern wir verlangen Respekt vor dem Leid und den Leistungen der  Opfer der zweiten deutschen Diktatur. Dies sind 250 000 politische Gefangene, dies sind die Mütter von zwangsadoptierten Kindern, dies sind tausende Opfer von ungerechtfertigten Heimeinweisungen, dies sind hunderttausende gebrochene Lebensbiografien und seelische Verletzungen, die nicht heilbar sind.

Am 3. Oktober Kränze niederlegen ist das Eine, den konkreten Opfern helfen ist etwas anderes. Und daran mangelt es.

Ich bin auch Politiker, aber ich bekenne hier öffentlich, dass ich beschämt bin, wie die Politik mit den Opfern der zweiten deutschen Diktatur umgeht.

FAZ | EPD | TAZ