Das Gedenken am 23. August an die „Opfer aller autoritärer und totalitärer Regime“ führt nicht zu unhistorischen Relativierungen.

Den kommunistischen Terror erlitten

Ein Beitrag zum Streit um das Gedenken an Opfer von Nationalsozialismus und Stalinismus: Verbandsvertreter Horst Schüler erwidert dem Historiker Wolfgang Benz.

Artikel im Berliner „Tagesspiegel“ von Horst Schüler, dem Ehrenvorsitzenden der Union der Opferverbände kommunistischer Gewaltherrschaft e. V. (UOKG). Horst Schüler (Jahrgang 1924) wurde 1951 in Potsdam wegen Widerstands gegen die stalinistische Herrschaft in der DDR von einem sowjetischen Militärtribunal zu 25 Jahren Haft verurteilt. Bis 1955 war er in der Strafregion Workuta in der Sowjetunion inhaftiert. Nach seiner von Konrad Adenauer erwirkten Freilassung arbeitete Schüler als Journalist, war 1964 bis 1989 Redakteur beim „Hamburger Abendblatt“.

Sein Anliegen ist es, „die notwendige differenzierte Debatte über das Erinnern an zwei Diktaturen anzustoßen“. So heißt es in einem im Tagesspiegel von Wolfgang Benz erschienenen Artikel unter der Überschrift: „NS-Zeit und Stalinismus – Ums Gedenken streiten.“ Wolfgang Benz ist Historiker, emeritierter Hochschullehrer an der TU Berlin. Er war bis 2011 Direktor des Zentrums für Antisemitismusforschung und ist vielfach geehrt und ausgezeichnet worden. Ein Mann also, der hohen Respekt verdient. Das eingangs genannte Zitat ist Hinweis auf ein in diesen Tagen im Metropol Verlag erscheinendes Buch mit dem Titel: „Ein Kampf um Deutungshoheit. Politik, Opferinteressen und historische Forschung. Auseinandersetzungen um die Gedenk- und Begegnungsstätte Leistikowstraße.“

Der Artikel von Wolfgang Benz hat große Irritationen unter den ehemaligen politischen Häftlingen des kommunistisch-stalinistischen Terrors ausgelöst…
weiter zum Artikel von Horst Schüler vom 28.02.2013

 

Stasi-Vorwürfe gegen Gregor Gysi
Dachverband der SED-Opfer fordert lückenlose Aufklärung

Zu den jüngsten Vorwürfen gegen den Fraktionsvorsitzenden der SED-Nachfolgepartei „Die Linke“, Gregor Gysi, er habe im Zusammenhang mit angeblichen Kontakten zur Staatssicherheit eine falsche eidesstattliche Versicherung abgegeben, hat sich der UOKG-Bundesvorsitzende Rainer Wagner wie folgt geäußert:

„Diese Sache verlangt danach, endlich lückenlos aufgeklärt zu werden, und zwar ohne Rücksicht auf das Amt und die Funktionen Gysis. Seit zwanzig Jahren gibt es immer wieder neue Berichte über angebliche Stasi-Verstrickungen Gysis, ohne dass diese endgütig beseitigt worden wären. Dies wird wohl auch nicht passieren. Denn das der Vorsitzende des Kollegiums der Rechtsanwälte in der DDR niemals Kontakte zur Staatssicherheit gehabt haben soll, ist nur schwerlich vorstellbar.“

Unabhängig davon, ob die IM-Vorwürfe zutreffen, sieht Wagner das eigentliche Problem woanders:

„Niemand schert sich darum, dass Gysi seit 1967 Mitglied der SED war. Dabei war die Partei die Schaltzentrale des DDR-Regimes, die Staatssicherheit nur deren ausführendes Organ. Und während eine Stasimitarbeit in der Regel das politische K.O. bedeutet, können Linke-Funktionäre, die zum Teil hohe Parteiämter innehatten, in unserem Land unbehelligt Karriere machen. Dieser Mißstand muss unbedingt beseitigt werden.

SED-Opferverbände und -Aufarbeitungsinitiativen beim Berliner Regierenden Bürgermeister
Forderung Platz des 17. Juni: Politischer Wille ist vorhanden

Eine mögliche Benennung des Vorplatzes am Bundesfinanzministerium als „Platz des 17. Juni“ zur Erinnerung an den Volksaufstand in der DDR vor 60 Jahren war eines der Hauptthemen des Arbeitsgesprächs, das der Berliner Regierende Bürgermeister am Mittwoch dieser Woche mit Vertretern von Opferverbänden und Aufarbeitungsinitiativen der DDR-Diktatur führte. Trotz einiger vom zuständigen Bezirksamt Mitte angeführter rechtlicher Hürden zeigt sich Klaus Wowereit entschlossen, die Opferverbände in ihrem Bestreben nach einem Platz des 17. Juni weiter zu unterstützen.

Hierzu Rainer Wagner, Bundesvorsitzender des Dachverbands der SED-Opfer:

„Der politische Wille ist vorhanden. Die rechtlichen Hürden können wir überwinden. Wenn alle Beteiligten sich nun zusammensetzen und gemeinsam nach einer Lösung suchen, ist es möglich, eine Benennung des Platzes noch zum 60. Jahrestag des Volksaufstands zu erreichen.“

Ein weiteres Gesprächsthema war das am Checkpoint-Charlie geplante „Museum des Kalten Krieges“. Hier kamen unterschiedliche Meinungen zum Ausdruck, vor allem hinsichtlich des vom Senat angestrebten Standortes.

Einig waren sich die Gesprächsteilnehmer darin, dass die 1945 zur Zwangsarbeit in die UdSSR deportierten deutschen Zivilisten endlich eine Entschädigung erhalten müssen. Die Opferverbände beschlossen, mit dieser Forderung erneut bei der Bundesregierung vorstellig zu werden.

Vorstellung des IKEA-Berichtes über Zwangsarbeit in DDR-Gefängnissen
UOKG-Bundesvorsitzender Rainer Wagner: „IKEA war nur die Spitze des Eisbergs“

Am heutigen Freitag informierte der Möbelkonzern IKEA in Berlin die DDR-Opferverbände über die Ergebnisse einer Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft „Ernst & Young“, welche die Beteiligung des Unternehmens an der Haftzwangsarbeit in der ehemaligen DDR zum Gegenstand hatte.

Die von dem UOKG-Bundesvorsitzenden Rainer Wagner und dem Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen, Roland Jahn, moderierte Veranstaltung fand eine breite öffentliche Resonanz.

Rainer Wagner zog nach der Veranstaltung folgendes Fazit:

„Die Ergebnisse der Studie haben gezeigt, dass IKEA definitiv in die Zwangsarbeit in DDR-Gefängnissen verwickelt war. Auch wenn das Unternehmen der Studie zufolge davon wenig gewusst haben soll, so trägt es doch die moralische Verantwortung dafür. Jedoch hat IKEA sich vorbildlich verhalten, indem sich das Unternehmen als erstes und bisher einziges seiner Vergangenheit gestellt hat.

Solches würden wir uns auch von anderen Unternehmen wünschen, denn IKEA war nach unserem Eindruck nur die Spitze des Eisbergs. Etliche Unternehmen in Ost und West haben die Möglichkeit genutzt, ihre Produkte billig von DDR-Zwangsarbeitern produzieren zu lassen.

Um dies aufzuklären ist eine breite wissenschaftliche Erforschung der DDR-Zwangsarbeit unabdingbar. IKEA hat sich dazu bereiterklärt, dies finanziell zu unterstützen. Das ist ein guter Anfang.“

Zum Thema Entschädigung äußerte Wagner ebenfalls:

„Unseres Erachtens ist für diese Frage das Bundesfinanzministerium in der Pflicht. Denn die Zwangsarbeit wurde über Strohfirmen in der DDR organisiert, der Großteil der Zwangsarbeit wurde ohnehin von DDR-Unternehmen in Auftrag gegeben. Diese Unternehmen wurden über die Treuhandanstalt abgewickelt, welche unter dem Dach des Bundesfinanzministeriums stand.“

Wegen der Komplexität des Themas solle die Aufarbeitung in drei Schritten erfolgen. Zunächst sei ein Überblick über die Gesamtproblematik zu schaffen. Daran müsse sich eine politisch gesellschaftliche Diskussion anschließen, welche schließlich in eine Untersuchung der einzelnen Themenaspekte der Zwangsarbeit mündet.

Reaktionen: WELT | FAZ | SZ | TS | HB | FR
Zusammenfassung Stiftung Aufarbeitung

Der Bundestag hat bei der Fortschreibung des Gedenkstättenkonzepts im Jahr 2008 beschlossen, in dieser Legislaturperiode eine Kommission zu berufen, die sich mit der Aufgabe der Institution des Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen beschäftigt. Darüber gab es am  25. Oktober 2012 in der AG Kultur und Medien der SPD-Bundestagsfraktion eine Expertenanhörung.

Der Dachverband der SED-Opfer fordert ein Mitspracherecht in dieser Kommission.
Rainer Wagner, Bundesvorsitzender der UOKG, hierzu:

“Die Frage nach der Zukunft des BStU darf nicht über die Köpfe jener hinweg entschieden werden, deren Schicksal in den Akten dokumentiert ist. In einer Kommission ohne Beteiligung von Opfervertretern sehen wir die Gefahr von Gedankenspielen, die Diktaturaufarbeitung künftig zu beschneiden. Das können wir nicht zulassen.“

Die UOKG sieht zum jetzigen Zeitpunkt auch über 2019 hinaus Bedarf für die Behörde des BStU:

Die Anträge auf Einsicht in die Akten des Geheimdienstes nehmen gegenwärtig zu, auch in der Generation der Kinder und Enkel der Opfer der DDR-Diktatur und der Verschleppten in der sowjetischen Besatzungszone.

Für die Klärung von Rehabilitierungen, des Rentenausgleichs und für die bei den BStU und LStU bisher erworbene fachlich gute Bewertungskompetenz bei Medienanfragen zu belasteten Biografien werden die Behörde des BStU sowie die Dienststellen der Landesbeauftragten in den Ländern auch weiterhin benötigt.

Alle Akten ins Bundesarchiv zu schaffen wäre auch wegen des enormen Platzbedarfs nicht praktikabel. Die von der BStU unabhängigen Dienststellen der Landesbeauftragten in den Ländern müssen erhalten bleiben, schon um den immer gebrechlicher werdenden Opfern der SBZ und des Sozialismus in der DDR regional erreichbare Beratungsmöglichkeiten zu bieten.

Schließlich ist der Themenbereich, den die BStU in der Bildungsarbeit abdeckt, keinesfalls ausreichend in anderen Einrichtungen verankert.

Die aktuelle Wahrnehmung neuer Opfergruppen des Kommunismus, wie zuletzt der Betroffenen von Zwangsarbeit in DDR-Gefängnissen oder der Opfer von Gewalt in DDR-Kinderheimen, benötigt keine Beschneidung oder Zergliederung der Diktaturaufarbeitung.

Stattdessen wäre eine Ausweitung sozialer Kompetenz durch die Errichtung neuer Beratungsstellen bei den LStU und bei den Opferverbänden und Aufarbeitungsinitiativen sachgerechter.

gez. Rainer Wagner,
Bundesvorsitzender der Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft

Deutsches Fernsehballett wirbt mit DDR-Symbolen
Dachverband der SED-Opfer: „Ballett verharmlost Diktatur“

Am heutigen Abend feiert das Deutsche Fernsehballett sein fünfzigjähriges Bestehen. Das ehemalige Fernsehballett der DDR wirbt hierzu auf seiner Homepage mit einem Foto, welches nackte Tänzerinnen des Ensembles zeigt, die lediglich mit FDJ- und DDR-Fahnen bedeckt sind.

Während dies der Produzent des Balletts als „ironisch und frech“ bezeichnet, ist es für die Opfer der SED-Diktatur einfach nur geschmacklos.

Der Bundesvorsitzende des Dachverbands der SED-Opfer, Rainer Wagner, hierzu:

“Wer die Symbole einer Diktatur derart unkritisch und unhinterfragt zu Unterhaltungszwecken benutzt, verharmlost. Da hilft auch die Ausrede der Ironie nichts. So etwas mögen ehemalige SED-Mitglieder wie die Intendantin des MDR, Karola Wille, oder der tschetschenische Tyrann Kadyrow lustig finden – wer in der DDR unter politischer Verfolgung gelitten hatten, kann über so viel Geschichtsvergessenheit nur noch den Kopf schütteln.“

Wagner spielt hier auf einen Auftritt des Fernsehballetts bei der Geburtstagsfeier des tschetschenischen Präsidenten Kadyrow im Jahr 2011 in Grosny und die DDR-Vergangenheit von Frau Wille an. Frau Wille war mit 18 Jahren aus Überzeugung in die SED eingetreten und hatte in ihrer Doktorarbeit von 1985 dem Sozialismus gehuldigt. Der MDR sendet eine Aufzeichnung der Gala am 27. Oktober.

Wagner bekräftigt in diesem Zusammenhang eine Forderung, welche die Opferverbände seit langem erheben:

“Um solche Geschmacklosigkeiten zu verhindern, brauchen wir endlich ein Verbot von DDR-Symbolen.“