Christian Führer war ein Protestant im besten Sinne des Wortes. Er glaubte an die biblische Verheißung, dass nichts so bleiben muss, wie es ist. Deshalb ermunterte er seine Brüder und Schwestern in der Gemeinde nicht zum Ausharren in der SED-Diktatur, wie es mancher seiner Amtsbrüder tat. Er suchte gemeinsam mit anderen in der Tradition der Gewaltlosigkeit nach Wegen der Veränderung.

Bereits seit Anfang der 1980er Jahre trafen sich jeden Montag in der Nikolai-Kirche junge Menschen zu Friedensgebeten, deren Symbol die Kerze war. Christian Führer öffnete seine Kirche für alle Bedrängten und Opfer der Diktatur. Und gemeinsam mit den Gruppen verließ er die Kirchenräume wieder, um in der Öffentlichkeit für Veränderungen zu demonstrieren. Gegen den Willen der Staatsmacht und vor den Kameras der Staatssicherheit organisierte er 1987 anlässlich des Olof-Palme-Friedensmarsches den öffentlichen Pilgerweg von Torgau nach Riesa. Seinem Engagement ist es zu verdanken, dass aus der Ökumenischen Versammlung für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung 1988 eine breite Sammlungsbewegung für Demokratie hervorging.

So entstand mit den Fürbittandachten der Leipziger Nikolai-Kirche das Grundmuster, das DDR-weit die kritische Frühphase der Revolution im September 1989 prägte: Die Ermutigung und öffentliche Diskussion in den Räumen der Kirche, der Weg auf die Straße mit dem Ruf „Keine Gewalt“, die folgenden Verhaftungen – und wieder Gebete in den Kirchen für die Inhaftierten. Dass die Friedliche Revolution vom Herbst 1989 nicht im Blutvergießen unterging, wie manche Revolution, die wir inzwischen erlebt haben, haben wir dem beharrlichen Wirken dieses Leipziger Pfarrers zu verdanken.

Christian Führer in diesem Sinne nicht nur im Gedächtnis zu behalten, sondern konsequent die Strategie der Gewaltlosigkeit zum Ausgangspunkt gesellschaftlicher Veränderungen zu wählen – damit werden wir einem ehrenden Gedenken an den mutigen Pfarrer am besten gerecht.

Rainer Wagner, Bundesvorsitzender der UOKG und Dr. Christian Sachse